1. Vorwort
Eine der Fragen, die mir häufig gestellt wird in Anbetracht meiner wuscheligen Meute, betrifft die Pflege, die sich die meisten Leute ungeheuer aufwändig vorstellen.
Das kann ich prinzipiell nicht bestätigen. Das Fell eines richtigen Spitzes ist ausgesprochen pflegeleicht und ich möchte es nicht gegen das eines kurzhaarigen Hundes tauschen.
Wolfsspitze müssen hier allerdings ausgenommen werden. Sie haben eine vollkommen andere Fellstruktur, die, wenn man das Haar vergrößert betrachtet, gekreppt aussieht und durchaus etwas (!) pflegeintensiver ist.
Erschwerend kommt dazu, dass sich gerade bei den Wolfsspitzen und kleineren Spitzen viele Züchter in ihrer Zucht leider dahingehend versteigen, dass sie den armen Hunden inzwischen derartige Fellmassen anzüchten, dass es selbst mit viel Mühe praktisch unmöglich ist, die Hunde vernünftig bis auf die Haut durchzubürsten. (Das sollte man sich vor einem Kauf gut überlegen! Die Beurteilung der Fellmenge bei einer Mutterhündin, die noch ihre Welpen führt, ist hierfür nicht aussagefähig, da Hündinnen nach einem Wurf extrem abhaaren!)
Zwei „explodierte Sofakissen“?
Grundsätzlich bietet die Körperpflege des Hundes immer die Möglichkeit, und abhängig von Symptomen, die einem im täglichen Umgang auffallen, seinen allgemeinen Gesundheitszustand regelmäßig zu kontrollieren. Auch, wenn man seinen Spitz nur halbjährlich gründlich durchbürstet, so sollte man trotzdem immer mal zwischendurch einen kleineren Body-Check durchführen. Nicht nur bei infektiösen, sondern auch bei allen möglichen anderen, z. B. tumorösen, Erkrankungen kann es von größter, manchmal sogar überlebenswichtiger Bedeutung sein, dass man sie möglichst frühzeitig entdeckt!
Daher ist dieses Kapitel zur Pflege des Spitzes nun grundlegend überarbeitet und enthält jetzt, zusätzlich zur ganz normalen Versorgung, auch verschiedenste krankhafte Veränderungen, die man bei der Körperpflege beobachten kann.
Das ist keineswegs so zu verstehen, als ob der Spitz ein besonders krankheitsaffiner Hund wäre – das ist er definitiv weitaus weniger als viele andere Hunderassen – aber auch er kann natürlich einmal krank werden und es ist nicht verkehrt, das bereits bei den ersten Anzeichen zu erkennen.
2. Das Fell
Im Normalfall braucht ein Spitz nicht häufiger als maximal im wöchentlichen bis vierzehntätigen Abstand gebürstet werden. Selbst ein Spitz, der monatelang nicht gebürstet wurde, sieht ordentlich und gepflegt aus! Schmutz verfängt sich so gut wie überhaupt nicht im Fell, selbst nach einem Schlammbad sollte der Spitz nur noch ein Weilchen herumlaufen. Sobald der Schlamm trocknet und der Hund sich schüttelt, fällt alles herunter. Mancher Hersteller von Pfannen würde sich wahrscheinlich freuen, wenn er sein Produkt mit einer so erstklassigen Antihaft-Beschichtung ausrüsten könnte.
Und wen schon der Gedanke an den Geruch eines nassen Hundepelzes gruselt, den möchte ich beruhigen:
Ein nasser Spitz riecht normalerweise nicht oder allenfalls sehr wenig!
Während des Fellwechsels sollte allerdings mindestens einmal täglich gebürstet werden. Im Gegensatz zu den Haaren kurzhaariger Hunde, die sich überall verfangen und in Teppich, Kleidungsstücke usw. eindringen und verhaken, bleiben die langen Spitzhaare schön oben liegen und lassen sich gut absaugen. Auf Fliesen bilden sie Wolken („Fellmäuse“), die man im Vorbeigehen kurz mitnimmt und der Fall ist erledigt.
Dabei bürstet man den Spitz gegen den Strich und das Fell der Vorder- und Hinterläufe, Federn, bzw. Hosen genannt, nach oben. Eventuell muss man das Fell dazu in kleinen Portionen abteilen, die man nach und nach bürstet. Ausgebürstet wird dabei ausschließlich das abgestorbene (!!!) Fell und nicht die gesamte Unterwolle. Dabei sollte man auf „Untermieter“ achten. Zecken sollten z.B. mit einer Zeckenschlinge oder Zeckenzange (Im Handel erhältlich) entfernt werden, Flöhe machen sich durch Ablagerungen auf der Haut bemerkbar, die zigarettenasche-ähnlich aussehen. Meist ist dann der Hund auch sehr unruhig, beißt sich oder quiekt gelegentlich auf (manche Hunde werden auch aggressiv). Gegen solche unerwünschten „Untermieter“ gibt es beim Tierarzt oder in der Apotheke geeignete Abwehrmittel. Floh-Befall ist sehr ernst zu nehmen, weil Flöhe häufig Wurmeier übertragen!
Bei Hunden, die sich, ohne jedoch Flöhe oder andere Untermieter zu haben, sehr häufig kratzen, bietet das Bürsten auch die beste Gelegenheit zur Hautinspektion. Sollte sie übermäßig starke Schuppenbildung zeigen, so hat der Hund eine trockene Haut (vorwiegend bei Kastraten, manchmal aber auch bei hochaltrigen Hunden). Dagegen hilft es meist schon, dem Hund, je nach Größe, einmal täglich einen Teelöffel oder auch ein bis zwei Esslöffel Distel- oder Leinöl ins Futter zu mischen (mit sehr kleinen Mengen beginnen, damit der Hunde-Darm sich daran gewöhnen kann und nicht auf das zusätzliche Fett mit Diarrhoe reagiert). Ist der Hund weder kastriert, noch hochaltrig und der Juckreiz bleibt weiter bestehen oder kommt sogar noch ungewöhnlicher Haarverlust hinzu, sollte man die Ursache(n) tierärztlich abklären lassen, weil auch Hautkrankheiten, Störungen des Hormonhaushaltes (z. B. Schilddrüsenerkrankungen) oder Nierenerkrankungen dahinterstecken könnten.
Falls der Hund, was individuell ganz unterschiedlich ist, sehr stark Sekret bildende Duftdrüsen hinter dem Ohr hat, so können sich dort leicht Klumpen/Verfilzungen bilden. In diesem Fall braucht man aber auch nur diesen Bereich häufiger kontrollieren und ggf. kurz durchbürsten.
Wenn man den nur mäßig behaarten Bauch des Hundes bürstet, bietet sich eine gute Gelegenheit, sowohl bei Rüden, als auch bei Hündinnen auf Entzündungen des Genitales zu achten, die sich beispielsweise durch eitrigen Ausfluss bemerkbar machen können.
Bei unkastrierten Rüden muss man dabei natürlich berücksichtigen, dass sie gerade während der Zeiten, in denen in der Umgebung läufige Hündinnen unterwegs sind, gelegentlich ganz „normale“ fast farblose Verklebungen mit Sperma aufweisen können, die man nicht mit eitrigem (und meist übelriechendem) Ausfluss verwechseln darf. Bei etwaigen Infektionen ist das Genitale auch meist deutlich entzündet. Bei Hündinnen verändert sich im Laufe des Prä-Östrus und Östrus auch die Vulva/Schmalle, vergrößert sich, verändert ihre Farbe und kann einen dem Zyklus entsprechenden Ausfluss zeigen. Der starke Fellwechsel leitet bei Hündinnen auch üblicherweise die Läufigkeit ein.
Insbesondere bei älteren Hündinnen sollte man beim Bürsten des Bauches das Gesäuge kontrollieren und ggf. die Umgebung der Zitzen auf sich entwickelnde Gesäugetumoren (vergrößerte, gerötete Zitzen, knotige Veränderungen am Gesäuge/Bauch,…) abtasten. Manche Gesäugetumoren können sich mit rasender Geschwindigkeit entwickeln (von der Größe einer Erbse bis zur Größe einer dicken Haselnuss innerhalb weniger Tage!) und es kann lebensrettend für die Hündin sein, sie frühzeitig zu bemerken!
Weiterhin sollte man die Analdrüsen inspizieren.
Die Analdrüsen dienen beim gesunden Hund der Markierung des Reviers und geben ihr Sekret bei der normalen Stuhlentleerung ab.
Bei Hunden, die häufig unter Durchfällen oder sehr weichem Stuhl (unausgewogene Darmflora!) leiden, aber auch bei alten und besonders kleinen Hunden können die Ausführungsgänge der Analdrüsen verstopfen. Ein weiterer Grund kann ein unbemerkter Befall mit Würmern sein, die in die Drüsenausführungsgänge einwandern oder, eher selten kann eine anatomische Anomalie dahinterstecken.
In diesem Fall entzünden sich die Analdrüsen und schwellen an. Die Haut rötet sich um den After herum, die Hunde belecken ständig den Anus, manche jagen auch fast ununterbrochen ihre Rute, beißen sich ins Schwänzchen oder die Hinterpfoten. Besonders typisch ist das sog. „Schlittenfahren“. Dabei rutscht der Hund auf dem Po über den Boden.
Achtung: Bei Welpen und sehr jungen Hunden kann das Jagen der Rute natürlich ein bloßes Spiel sein und insbesondere bei Spitzen kommt es auch vor, dass sie mal „Schlittenfahren“, weil sie einfach kleinere Kotreste an der Hose kleben haben – sie putzen sich so einfach den Pöter ab!
Zeigen sich aber die Analbeutel deutlich aufgetrieben und entzündet oder tritt bereits blutiger Ausfluss auf, so sollte man umgehend mit dem Hund zum Tierarzt gehen, der den/die Analbeutel manuell entleeren kann und ggf. über das weitere Vorgehen berät (z. B. Kostumstellung oder in schweren Fällen – beispielsweise Abszesse, Vernarbungen, Fisteln o. Ä. – auch operative Entfernung).
Gebadet werden braucht ein Spitz im Normalfall überhaupt nicht. Sollte er mal seine Kehrseite beschmutzt haben, was bei Durchfällen vorkommen kann und darüber hinaus meist ernährungsbedingt ist (z.B. bei Fütterung mit stärker gewürzten Essensresten), reicht Abspülen mit klarem Wasser völlig. Das Fell trocknet auch sehr schnell. (Bei kleineren Spitzen kann auch ein Übermaß an angezüchtetem Fell dazu führen, dass das kleine Kerlchen gar nicht anders kann, als sich fürs Geschäftchen auf seine Hosen zu setzen!)
Scheren sollte man einen Spitz nicht, weil das Fell nie wieder so nachwächst, wie es war.
Eine Ausnahme dabei stellt ein alter Hund dar.
Wenn er ein sehr dichtes Fell hat, kann ihm das insbesondere im Sommer sehr zu schaffen machen. Es ist ihm dann evtl. zu schwer und der Kreislauf eines alten Hundes kann das unter Umständen nicht mehr gut verkraften. Wer einmal erlebt hat, wie ein alter Spitz plötzlich wieder neue Lebensfreude bekommt, weil man ihm im Sommer diese Last genommen hat, wird nicht zögern, ihn zu scheren. Dabei sollte man allerdings das Fell unterm Bauch und an den Nieren nicht allzu kurz scheren, damit er sich beim Ablegen nicht verkühlt.
Bei sehr alten Hunden kann es vorkommen, dass das Fell bis zum Winter nicht gut nachgewachsen ist. Dann sollte man sich nicht scheuen, ihm ein Hundemäntelchen zu kaufen. Für einen 16 oder 18 Jahre alten Hund ist es keine Schande, im Winter auch mal ein Mäntelchen zu tragen!
Problematisch wird die Fellpflege nur, wenn man seinen Hund kastrieren lässt.
Neben anderen nachteiligen Veränderungen (siehe unter „Pepper“), leidet bei Kastraten die Fellstruktur erheblich. Schmutz, kleine Äste und Gräser verfangen sich im Fell, das Fell hat eine Tendenz zu verfilzen und der Hund muss meist täglich sehr aufwändig gebürstet werden. Wenn der Hund nass wird, benötigt das Fell je nach Intensität manchmal 24 Stunden und länger zum Trocknen.
Man sollte sich also sehr gut überlegen, ob man seinem Hund und auch sich selbst so etwas zumuten will, zumal Kastration keine Erziehung ersetzt und gegen unerwünschten Hundenachwuchs helfen auch Halsband und Leine. Die meisten Hündinnen werden zwei Mal im Jahr läufig und können nur in der Standhitze belegt werden. Das ist die Zeit, wenn die Hündin sich einem Rüden anbietet und den Schwanz einladend zur Seite legt. Sie beginnt meist (individuell unterschiedlich!) etwa 12-14 Tage nach Einsetzen der Blutung. Dies sind übers Jahr durchschnittlich nur etwa 2-3 Wochen, die man gut überstehen kann. Die oft als Grund angeführte Scheinträchtigkeit von Hündinnen ist keine Krankheit, sondern ein völlig normaler biologischer Vorgang, um dessen Willen man keiner Hündin eine solche Tortur bei ihrer Körperpflege, sowie andere gravierende Nachteile zumuten sollte. Für Rüden gilt das entsprechend. Selbst wenn ein liebeshungriger Rüde mal eine Woche lang nicht frisst, so ist doch noch kein Hund daran verhungert. Unser Anton beispielsweise bringt dann auch gern mal seiner Angebeteten ein Ständchen. Das muss man einfach mit Humor nehmen und kann es auch unterbinden.
Ein sehr lesenswerter Link zum Thema Kastration:
Die Kastration beim Hund – ein Paradigmenwechsel (Ralph Rückert, Tierarzt)
und zwei Artikel zum Herunterladen (siehe auch unter „Literatur“):
Kastration_Rüde (Artikel von S. Strodtbeck und U. Gansloßer, in WUFF 12/2010 – 01/2011)
Kastration_Hündin (Artikel von S. Strodtbeck und U. Gansloßer, in WUFF 2/2011)
Übrigens kann man aus dem Fell der Spitze wunderbare Pullover und Jacken herstellen. Aber das Verspinnen von Hundewolle ist nicht ganz einfach und man benötigt auch schon eine ziemlich Menge. Dennoch: Der Aufwand lohnt sich durchaus. Hundewolle ist wesentlich wärmer als die wärmste Schaf- oder Alpakawolle!
3. Die Pfoten
Unter Ausstellern ist es sehr verbreitet, die Pfotenhaare zu kürzen, sofern sie nach vorn überstehen, um damit die runden Pfoten – sog. „Katzenpfoten“ – zu betonen oder weil sie es einfach unschön finden. Dazu sollte man bedenken, dass die Pfotenhaare, die vorn überstehen, aus gutem Grund dort sind. Es sind nämlich, ebenso wie auch die Haare zwischen den Ballen, Tasthaare. Sie geben dem Hund wichtige Informationen über den Untergrund, auf den er tritt. Wenn man seinen Hund einmal aufmerksam beobachtet, wird man schnell feststellen, dass er manchmal die Pfote schnell zurückzieht. (Das macht er übrigens auch, wenn er selbst beispielsweise in den Kothaufen eines anderen treten würde.) Schneidet man sie ab, erhöht man die Gefahr, dass der Hund sich die Pfoten verletzen kann. In diesem Zusammenhang sollten natürlich auch Vereine, die solche Hundeausstellungen veranstalten, ihre Beurteilungspraxis solcher Merkmale überdenken/überarbeiten: Die Form der Pfote verändert sich ja nicht durch das Einkürzen dieser Haare.
Besonders augenscheinlich wird die Fülle von Informationen, die der Hund über die Tasthaare seiner Pfoten erhält, wenn man einen blinden Hund beobachtet. So hat beispielsweise mein alter Otto, der ja in seinen letzten Jahren vollkommen erblindet war, nicht ein einziges Mal sein „Geschäftchen“ auf der Straße oder dem Gehweg verrichtet. Er hat durch die Tasthaare seiner Pfoten sehr genau gewusst, ob er sich auf einem Weg oder einer Wiese befand! Selbst unbefestigte Wege im Wald hat er mit absoluter Sicherheit immer als solche erkannt.
Im Winter werden von vielen Hundefreunden und -geschäften die unterschiedlichsten Salben als sog. „Pfotenschutz“ verwendet und angepriesen. Im Normalfall ist absolut nichts davon wirklich notwendig. Alle Salben und Fette bringen die Haut zum Aufquellen und sorgen dafür, dass die Haut an den Ballen der Hunde weich und damit empfindlich wird. Genau das aber ist eher kontraproduktiv. Natürlich sollte man darauf achten, dass der Hund im Winter nicht gerade über die dicksten Salzklumpen läuft. Falls er dennoch einmal Pfotenkontakt mit Salz hatte, lässt man ihn im Anschluss daran über frischen Schnee laufen und das Salz wird dort praktisch abgewaschen. Ansonsten spült man ihm zu Hause die Pfoten kurz unter fließendem Wasser ab. Es kann vorkommen, dass sich an den Haaren zwischen den Ballen Schneeklumpen ansammeln, die den Hund beim Laufen behindern. Bei einem alten Hund kann man diese dann entfernen. Bei einem jüngeren Hund empfehle ich aber, den Hund einfach damit laufen zu lassen. Irgendwann wird ihm das Ganze dann zu unangenehm und lästig und er knabbert die Schneeklumpen selbst ab. Wenn er das einmal gelernt hat, weiß er sich jederzeit selbst zu helfen. Eine Ausnahme muss hier allerdings gemacht werden: Falls der Hund am Fahrrad oder als Zughund vor dem Schlitten läuft, sollte er speziell hierfür hergestellte Pfotenschuhe tragen. Vor allem im leicht angefrorenen Schnee kann er sich sonst im schnellen Lauf Pfotenverletzungen zuziehen.
Bei sehr alten Hunden, bei Hunden, die über einen längeren Zeitraum sehr krank sind/waren oder auch, wenn der Hund fast ausschließlich auf weichem Untergrund läuft, kann es passieren, dass sich die Krallen nicht (mehr) ausreichend abnutzen. Man erkennt das gut daran, dass sie dann anfangen, schief zu stehen (Im unteren rechten Foto mit der schweren Pododermatitis sieht man das sehr gut – vielleicht der Grund dafür, dass der Hund die Pfote so stark „bearbeitet“ hat). Dann muss man sie mit einer Krallenzange (im Fachhandel erhältlich) zurückschneiden. Dabei muss man darauf achten, nicht ins sog. „Leben“ zu schneiden, weil das zu bösen Infektionen führen kann. Das ist der lebende und sehr schmerzempfindliche Kern oder Zapfen der Kralle. Bei weißen/hellen Krallen (b. Bed. eine helle Lichtquelle dahinter halten) ist er sehr gut zu erkennen an der rosa Farbe, bei dunklen Krallen ist es schwerer zu sehen – man braucht etwas Erfahrung. Ansonsten lässt man es beim Tierarzt machen. Achtet man nicht darauf, können solche überlangen Krallen für den Hund sehr schmerzhaft werden und ihn beim Laufen behindern. Auch ggf. vorhandene Wolfs- oder Afterkrallen (hinten) und Daumenkrallen (vorn) sollte man kontrollieren. Bei manchen Hunden neigen sie dazu, einzuwachsen und das ist dann für den Hund ähnlich schmerzhaft, wie auch beim Menschen ein eingewachsener Nagel. Es kann sich leicht entzünden und meist fängt der Hund dann an zu humpeln.
Ab und zu (!!!) findet sich bei Spitzen eine rassespezifische Disposition (Veranlagung) zur autoimmunologischen Pododermatitis, die aber meist nur unter Stressbelastung auftritt (Stress belastet das Immunsystem). Das ist kein neues, sondern ein seit urewigen Zeiten bekanntes Problem.
Dabei „bearbeitet“ der Hund meist an einer, sehr selten auch zwei, Pfote(n) die Zwischenräume der Zehen und/oder Ballen so lange, bis sie sich entzünden. Und das sieht dann so aus:
Beim Auftreten einer Pododermatitis sollte man zwei Dinge beachten:
- Die angemessene Versorgung der betroffenen Pfote und
- die Ermittlung (und nach Möglichkeit Ausschaltung) des auslösenden Stressfaktors
In sehr leichten Fällen kann man die Pfoten mit einer entzündungshemmenden Salbe behandeln, die allerdings auch den Juckreiz unterbinden muss – eine Salbe mit niedrigem Cortisonanteil ist hier meist die richtige Wahl. In schwereren Fällen kann man für einige Tage oder ein bis zwei Wochen einen Pfotenverband anlegen. (Siehe Download-Ecke)
Dabei muss der Hund unbedingt daran gehindert werden, die Pfote weiter zu malträtieren (zum Beispiel durch einen Pfotenschuh, der natürlich etwas größer/weiter sein muss, wenn er über einen Verband gezogen wird.)!
Anfangs machen sie dann zwar einen Aufstand und humpeln, was das Zeug hält (vor allem die Mädels sind da wirklich begnadete Schauspielerinnen), aber wenn Alles gut sitzt merken sie meist recht schnell, dass sie damit fast normal laufen können.
Die Mädels fummeln allerdings – meist – nicht gar so viel an so einem Verband herum (die Rüden können sich zu wahren „Fummel-Kaisern“ entwickeln) und darum kann man ihnen den Pfotenschuh im Haus oft etwa ab dem 2. oder 3. Tag auslassen (da juckt es nicht mehr ganz so schlimm) und ihn nur draußen anziehen, damit der Verband nicht so schmutzig wird. Je nachdem, wie schlimm es ist, durchnittlich einmal am Tag, später alle 2 Tage den Verband wechseln.
In ganz schweren Fällen bekommt man es allerdings nur mit einer kurzfristigen Gabe niedrig dosierter Cortison-Tabletten (Tierarzt !) in den Griff. Das ist aber eher selten.
Im zweiten Schritt muss man versuchen, die Ursache herauszufinden.
Es gibt Hunde, die das aus Langeweile, bei Über- oder Unterforderung machen! Da muss man also auch bereit sein, mal selbstkritisch „in sich zu gehen“ und die eigenen Haltungsbedingungen zu überprüfen/hinterfragen.
Ein anderer Aspekt kann sein, dass grundlegende Veränderungen der gesamten Lebenssituation stattgefunden haben, die für den Hund ungewohnt sind und mit denen er erst umzugehen lernen muss.
Bei Rüden kann es vorkommen, dass sie regelmäßig unter Stress geraten, wenn die Hündinnen in der Umgebung läufig werden (Mein Griepto war so ein „Fall“). Das kann man dann natürlich nicht verhindern, aber man kann evtl. versuchen, die Spaziergänge vorübergehend in einen Bereich zu verlegen, in dem nur wenige läufige Hündinnen unterwegs sind und/oder das Pensum anderweitiger Ablenkungen erhöhen. Wenn man das bereits im Vorfeld weiß, kann man auch oft frühzeitig genug reagieren, bevor der Hund überhaupt damit anfängt.
4. Die Ohren und Augen
Regelmäßig kontrollieren sollte man die Ohren auf Ohrmilben/Ohrenzwang, Gras- oder Getreide-Spelzen, insbesondere, wenn der Hund den Kopf immer wieder schüttelt oder über einen Zeitraum von mehreren Stunden schiefhält. Eine Reinigung sollte aber nur bei starker Verschmutzung oder Befall mit Ohrmilben erfolgen. In diesem Fall sollte der Hund wegen der hohen Ansteckungsgefahr möglichst keinen engeren Kontakt zu anderen Hunden haben (Diese Milben sind auch auf den Menschen übertragbar, wenn man den Hund beispielsweise mit ins Bett nimmt!) und er gehört auf dem schnellsten Wege zum Tierarzt, ebenso auch bei Fremdkörpern!
Verschleppte Ohrräude ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen – sie kann zu Taubheit, schweren neurologischen Beeinträchtigungen (wenn die Milben am Gehörnerv entlang den Weg ins Gehirn finden) und sogar zum Tod des Hundes führen!
So sehen Ohrmilben aus:
Bei Hunden mit missgebildeten, manchmal sogar gänzlich fehlenden, Tränenkanälen bildet sich durch die ständig tränenden Augen (Epiphora) eine meist rötliche, feuchte Tränenspur unter den Augen. Leider achten nicht alle Züchter auf diese Fehlbildung, die für das Tier jedoch sehr quälend ist, und daher nimmt sie, nicht nur bei Spitzen, immer mehr zu (Finger weg von Welpen, bei denen das schon zu sehen ist!). Das Problem ist zwar bei Hunden mit weißem/hellem Fell wesentlich auffälliger, kann jedoch auch bei Hunden mit dunklem Fell auftreten! In diesem Fall sollte man darauf achten, die Tränenspur mehrfach täglich zu trocknen. Solche Hunde sind auch sehr empfänglich für (chronisch-) infektiöse Augenerkrankungen. Zu diesen Fehlbildungen habe ich schon die aberwitzigsten Erklärungsversuche gehört, wie beispielsweise, dass der Hund einfach sehr dunkle Tränenflüssigkeit habe usw. Das ist schlicht und ergreifend Mumpitz! Wer das als geringfügigen Schönheitsfehler kleinzureden versucht, sollte sich mal mit Menschen unterhalten, die darunter leiden!
Missgebildete Tränenkanäle:
Links rel. leicht, rechts – in Kombination mit Exophthalmus („Glubschaugen“) – sehr extrem
Darüber hinaus kann der Tränenfluss natürlich auch vorübergehend verstärkt sein durch starken Wind (normal/physiologisch), Infektionen des Auges/der Augen, übermäßige Lichtreize infolge Pigmentfehlern im Bereich der Lidränder, sowie überzählige oder in die falsche Richtung wachsende Wimpern (Distichien). Bei sehr alten Hunden kann sich eine Epiphora auch dadurch entwickeln, dass der Tränen-Nasenkanal (Ductus nasolacrimalis) oder die Tränen-Pünktchen (Punctae lacrimales) durch sog. Tränenstein (Dakryolithen) verlegt sind. Ein entsprechend fachlich versierter Tierarzt kann das durchspülen.
Davon deutlich zu unterscheiden sind aber ganz normale minimale (!) Ablagerungen am Auge, die nichts anderes sind als Staubpartikel, die durch die Tränenflüssigkeit aus dem Auge gespült wurden. Sie finden sich meist nur ein- bis zweimal täglich und können leicht abgeputzt werden (Das Hunde-„Sandmännchen“).
5. Die Zähne
Gelegentlich sollte man auch das Gebiss kontrollieren. Zahnstein, Karies, entzündete Zähne und Zahnfleisch, sowie Wucherungen des Zahnfleisches (bei verschiedenen Rassen gehäuft) können auch einem Hund sehr zu schaffen machen. Häufig macht sich das durch Mundgeruch, erhöhten Speichelfluss („Sabbern“) oder Fress-Unlust bemerkbar. Dies lässt sich gut durch geeignete Ernährung beeinflussen, aber nicht vollkommen ausschließen.
Insbesondere die ganzen zur Dressur – der Begriff „Erziehung“ wäre hier schlichtweg falsch – angebotenen Leckerli enthalten i. d. R. Unmengen von Zucker, der für Hundezähne ebenso schädlich ist wie für Menschenzähne! Auch ausschließliche Fütterung von weichem Dosenfutter oder eine ständige strenge (und bei unkastrierten Spitzen völlig überflüssige) Rationierung des Futters kann dazu führen, dass der Hund nur noch Alles schnell herunterschlingt, statt das Futter zu zerkauen und damit der Entwicklung von Zahnproblemen Vorschub leisten.
Manche Hunde haben allerdings, bedingt durch die Zusammensetzung ihres Speichels, eine erhöhte Neigung zur Zahnsteinbildung.
Bei starker Zahnsteinbildung, Entzündungen, Gewebswucherungen und faulen Zähnen sollte man sich an den Tierarzt wenden, der eine Zahnsanierung durchführen wird.
Von der bei Ausstellern gängigen Praxis, den Hund immer wieder in Narkose legen zu lassen, um die Zähne per Ultraschall reinigen zu lassen, kann ich nur abraten. Man sollte nicht vergessen, dass jede Narkose Risiken birgt. Auch, wenn der Tierarzt oder die Tierklinik sehr gut und versiert sind, so wird das auch dort niemand ernsthaft bestreiten. Und selbst bei mir bekannten Spitzhaltern ist es schon vorgekommen, dass ein wunderbarer, noch relativ junger Hund eine solche Narkose nicht überlebt hat. Daher sollte man sich gut überlegen, was einem wichtiger ist: die tollste Bewertung der Show oder die Gesundheit/das Leben des Hundes. Tote Hunde bekommen auch keine guten Bewertungen.
Auch Zähneputzen ist bei einem normalen Hund absolut sinnfrei. Am liebsten pflegen die Hunde ihr Gebiss selbst mit einem leckeren Knochen, der ausreichend Abrieb bieten sollte. Meine eigenen Hunde erhalten dazu normalerweise Rinder- oder Kalbshaxen und, falls verfügbar auch Hirschfüße mit Huf. Am besten noch mit dem vollständigen Fell. Dieses aufzubrechen stellt nämlich den Hund und sein Gebiss vor eine besondere Herausforderung.
Bei einem alten Hund, der nicht mehr ganz so gut nagen kann, kann man einen schönen Sandknochen geben. Der ist etwas weicher, bietet für das alte Hundegebiss aber auch gute Abriebflächen.
Als Faustregel kann man jedoch festhalten:
„Je kleiner der Hund, desto wahrscheinlicher sind Zahnprobleme!“
6. Wurmkuren
Wurmkuren kann man bei Bedarf halbjährlich oder jährlich durchführen. Speziell bei Hündinnen werden ruhende Larven durch die zur Läufigkeit ansteigenden Hormone aktiviert. Daher sollte man bei Hündinnen die Wurmkur ab Beginn der Blutung (deren Termin man sich notieren sollte) durchführen. Bei Hündinnen, die zur Zucht verwendet werden, gehört dies zum Pflichtprogramm. Ebenso bei Hunden, die häufigen Kontakt zu Kindern haben oder als Therapiehunde z.B. in Altenheimen oder bei behindeten Menschen eingesetzt werden.
Wichtig zu wissen:
- Wurmkuren werden nicht vom Körper aufgenommen! Sie können allerdings – bei Welpen – die Bewegungen des Darmes verstärken (Am ehesten vielleicht vergleichbar mit der Wirkung von Leinsamen beim Menschen). Darum sollte man bei Welpen darauf achten, dass das Präparat auch für Welpen geeignet ist. Für alle normal gesunden erwachsenen Hunde ist eine Wurmkur vollkommen unproblematisch. Die von manchen Leuten verbreitete Panik davor entbehrt jeglicher Grundlage und wer einmal einen Hund gesehen hat, dem das Blut aus dem Pöter lief, weil er vor lauter Würmern schon entzündete Analdrüsen hatte oder einen Welpen mit völlig aufgetriebenem Bauch, der ständig Würmer erbrochen hat und am Ende seiner Kräfte war, der wird nicht zögern, seinen Hund und auch sich selbst/seine Familie zu schützen!
- Wurmkuren wirken nur und ausschließlich auf im Darm befindliche Würmer zum Zeitpunkt der Verabreichung (eben WEIL sie nicht resorbiert werden). Der Hund kann also durchaus gleich am nächsten Tag wieder welche aufnehmen (passiert besonders häufig, wenn der Hund mit Freigänger-Katzen zusammenlebt).
Eine Übersicht über die wichtigsten Parasiten des Hundes findet man hier – bitte nicht als Werbung verstehen, sondern wirklich nur als Übersicht!
7. Impfungen
Empfehlenswert ist es, seinen Hund gegen Tollwut impfen zu lassen, da ein Hund ohne Impfung selbst bei bloßem Verdacht auf Tollwut sofort getötet werden darf. Für Ausstellungen und Auslandsreisen ist es in der Regel zwingend vorgeschrieben. Man muss solche Impfungen auch nicht unbedingt alle Nase lang neu machen lassen, sondern kann bei manchen auch den aktuellen Status der noch vorhandenen Antikörper untersuchen lassen (Titer-Bestimmung). Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Impfungen, die für Hunde angeboten werden. Nicht alle sind notwendig. (Man muss nicht völlig unreflektiert gegen Alles impfen, was irgendwie angeboten wird, aber man sollte auch nicht alle Impfungen verteufeln.)
Durch den zunehmenden Import aller möglichen Tiere aus dem Ausland werden leider auch immer mehr schwere infektiöse Erkrankungen importiert, die in deutschen Hundepopulationen fast ausgerottet waren, wie zum Beispiel die Staupe, Parvovirose und darüber hinaus auch Erkrankungen, die hierzulande bisher unbekannt waren (z. B. Herzwürmer, Leishmaniose) und tw. auf den Menschen übertragbar sind.
Hier sollte man sich vom Tierarzt beraten lassen, da dieser i.d.R. gut darüber informiert ist, welche Erkrankungen in seinem Einzugsgebiet verbreitet sind. Impfungen gegen Zwingerhusten sind meist vollkommen überflüssig. Es gibt drei Arten von Zwingerhusten – nur gegen eine davon kann geimpft werden und meist bekommt der Hund dann doch eine der beiden anderen Arten. Die Anfälligkeit oder auch Resistenz des Hundes gegen Infektionen ist darüber hinaus auch eine Frage der gesunden Zucht (siehe auch unter „Die Bedeutung der Hundenase in der Zucht“) und Ernährung. Meine eigenen Hunde haben beispielsweise sogar gegen Zecken, zumindest deren kleine Nymphen, Abwehrmechanismen gebildet.
Dieser völlig neu überarbeitete Text (Stand: 12.12.2023) befindet sich zum Herunterladen in der Download-Ecke.
Vielen Dank für Ihren vernünftigen und alltags-erprobten Beitrag zur Pflege des Spitz!
Bin zufällig auf diese Seite gestoßen.
Wir haben einen 20 Mon. alten Wolfsspitz und sind sehr glücklich mit dieser Rassewahl – er ist ein Hund mit Treue, Charakter und Selbstbewusstsein!
I have read so many posts regarding the blogger lovers but this paragraph
is actually a pleasant paragraph, keep it up.
Die Information über den Spitz ist super! Habe selten eine Bessere gelesen! Habe selber einen Grossspitz und bin im Moment auch täglich am bürsten. Aber es lohnt sich!
Endlich einmal ein Artikel, der die Wichtigkeit der Naturbelassenheit des Spitzes unterstreicht und vor Kastration warnt! Wer einmal das Fell eines Wolfsspitz-Kastraten gesehen hat, dem ist sonnenklar, dass man diese Rasse ja nicht kastrieren lassen sollte! Nicht einmal Tierärzte sind so rassekundig, dass sie davon abraten! Danke für diesen spitzen-brauchbaren Artikel!
Lieben Gruß von Andrea
Danke – gern geschehen! Man darf nicht vergessen, dass Tierärzte ihr Geld auch mit Kastrationen verdienen . . .
Hallo
Ein sehr toller Bericht!
Ich habe trotzdem mal eine Frage:
Wie kann ich selbst die sogenannte Hose meines Spitzes kurzen? Er neigt sehr zu Durchfall. Und da das Fell der Hose sehr lang ist und der ganze Kot da immer so (in) schön kleben/ hängen bleibt, würde ich es gerne kürzen. Ich würde mich über eine genaue Anwendung sehr freuen. Möchte nichts falsch machen.
LG
Kerstin
Hallo Kerstin,
Im Prinzip kannst Du da einfach eine Schere oder Schermaschine nehmen und loslegen. Ich würde halt nur drauf achten, dass es einigermaßen gleichmäßig aussieht.
Wesentlich wichtiger aber fände ich – bevor Du ihm kurze Hosen verpasst – die Ursache seiner Durchfallneigung zu ergründen. Denn Kot am Pöter ist zwar nicht schön, aber kein gesundheitliches Problem. Durchfall dagegen sehr wohl, denn Durchfall bedeutet auch immer, dass der Hund mehr Flüssigkeit verliert, als er sollte und ggf. auch die Nahrung nicht richtig verarbeitet und aufgenommen werden kann. Häufig habe ich festgestellt, dass Hunde dazu neigen, wenn sie (gewürzte) Sachen vom Tisch zu fressen bekommen. Es kann aber natürlich auch eine Unverträglichkeit oder ein anderweitiges gesundheitliches Problem (Nervosität, Angst u.a.m.) dahinter stecken. Dann wäre eine Kostumstellung/Behandlung wichtig und der Rest hätte sich damit erledigt.
Viel Erfolg
Monika
Ich freue mich unendlich, auf Deinen Artikel gestoßen zu sein. Endlich weiß ich, was zu tun ist. Nämlich nichts, weil alles gut ist, so, wie es ist. Ich habe einen 2,5 Jahre alten Wolfsspitz, mein Ein und Alles. Er scheint jetzt im Flegelalter zu sein, denn er versucht, jeden Hund zu besteigen. Egal, ob Rüde oder Weibchen. Mir ist das schon unangenehm, da ich missbilligend angesehen werde. Ich rufe ihn zwar zurück, doch in diesem Fall schaltet mein sonst so gut gehorchender Hund auf Durchzug. Nun wird mir von allen Seiten, ob Hundetrainerin oder Tierarzt, geraten, ihn kastrieren zu lassen, oder wenigstens einen Chip einsetzen zu lassen. Bisher habe ich mit entschieden dagegen gewehrt. Doch die Ungewissheit lässt mich nicht los. Ich habe die Hoffnung, dass sich das irgendwann einmal legt und hoffe sehr, Du könntest mich beruhigen oder mir einen Rat geben. Das wäre toll. Da würde ich mich sehr freuen. Liebe Grüße, Monika
Hallo Monika!
Ja, ich kann Dich beruhigen! Es gibt verschiedene mögliche Gründe dafür, dass er das macht:
1. es ist tatsächlich sexueller Natur. Dann gilt: Eine Hündin wehrt sich gegen die Übergriffigkeit von Rüden im Allgemeinen selbst sehr wirksam und nachdrücklich. Man nennt das „Ab-Beißen“. Das kann ein ordentlicher Rüde auch ganz gut wegstecken – zumal so ein gut gepolsterter Spitzerich. Man darf das nur nicht gleich als „Beißerei“ werten – das ist es nämlich nicht. Es entspricht am ehesten der Ohrfeige, die wir Menschenfrauen jemandem verpassen würden, der uns im vollbesetzten Bus an den Allerwertesten greift. 😉
Falls er gegenüber einem kastrierten Rüden übergriffig wird, wird der sich ebenfalls dagegen verwahren – es könnte aber ggf. schon etwas heftiger zugehen. Das liegt dann daran, dass kastrierte Rüden für einen anderen Hund so „duften“, wie eine Hundedame kurz vor oder zu Beginn der Vorbrunst (das ist die Phase, in der die Hündinnen bluten).
Du solltest zwar Deinem Rüden schon die Grenzen aufzeigen und ihn ggf. auch am „Schlafittchen“ packen und herunterziehen, wenn er nicht auf Dich hört, denn auch im Hundekopf ist verankert, dass nicht jeder Rüde jede Hündin decken darf, wenn sein Chef das nicht erlaubt. Bei sehr triebigen Rüden erfordert das manchmal einiges Durchsetzungsvermögen, um das zu klären. Das ist aber absolut kein Grund für eine Kastration! Falls es sich bei dem Objekt seiner Begierde um einen kastrierten Rüden handelt, darf man den Besitzern des Tieres (meiner Meinung nach) auch durchaus mal sagen, dass sie dieses Verhalten durch die Kastration ihres Hundes eigentlich selbst verursacht haben – Dein Rüde verhält sich vollkommen normal. Die beste Lösung ist aber, wenn Du ihn schon, bevor er dem anderen Hund begegnet, heranrufst und am Halsband an dem anderen Hund vorbeiführst.
Der 2. Grund für ein solches Verhalten kann sein, dass es überhaupt keinen sexuellen Hintergrund hat, sondern reines Dominanzverhalten ist. Und daran ändert eine Kastration ebenfalls nichts, denn auch Kastraten versuchen, die Rangordnung zu klären. Ein Spitz ist normalerweise sehr selbstbewusst und gerade in diesem Alter kann es gut sein, dass er sich gern beweisen möchte. Allerdings braucht man das auch wahrlich nicht mit jedem Vierbeiner abklären, der einem so entgegenkommt. Da solltest Du ebenso durchgreifen, wie im ersteren Fall, dann hört auch so ein „Herum-Mackern“ wieder auf.
Ansonsten: Nimm Dir ein Beispiel an Deinem Hund und lass Dir ein dickes Fell wachsen! Die meisten Probleme unter Hunden entstehen dadurch, dass ihre Besitzer erwarten, dass sie sich benehmen wie bessere Menschen oder ihre Hunde entweder gar nicht oder aber zu etwas zu erziehen versuchen, was sie einfach nicht sind. Sie sind Hunde und man tut ihnen (und sich selbst) den größten Gefallen, wenn man sie auch Hunde sein lässt.
Dass Dir ein Tierarzt zur Kastration (oder Chip) rät, wundert mich nicht. Schließlich verdienen Tierärzte nicht schlecht an all den unnötigen Kastrationen/Verstümmelungen. Und einer Hundetrainerin, die in diesem Fall zur Kastration rät, muss ich leider ein gewisses Maß an Unwissenheit unterstellen. Denn eigentlich sollte sie das Verhalten als altersgemäß vollkommen normal einordnen können.
Der Chip soll angeblich eine Alternative zur endgültigen Kastration darstellen. Ich sehe das etwas anders. Du kannst Dich schon mal daran gewöhnen, wie er als Kastrat funktioniert, damit Du die Angst/Sorge vor dieser endgültigen und nie wieder gutzumachenden Verstümmelung verlierst. Wenn dann der Chip entfernt wird und der Hund sein Verhalten nicht geändert hat, hättest Du ja den Beweis dafür, dass das notwendig wäre. Tatsache aber ist, dass Dein Hund jetzt in genau der richtigen Phase ist, um sein Verhalten in solchen Situationen zu lernen. Wenn Du ihm einen Chip implantieren lässt, hat er nur noch einen abgeschwächten Sexualtrieb und Du verpasst den Zeitpunkt, ihm den richtigen Umgang damit beizubringen. Je älter er wird, desto schlechter kannst Du das korrigieren!
Ich kann Dir also auch von der Implantation dieses Chips nur abraten, weil Dein Hund dadurch nur mit Hormonen vollgepumpt wird, die er nicht braucht und Du außerdem eine wichtige Phase seiner Erziehung verpassen würdest. Zeig dem jungen Mann einfach beherzt seine Grenzen auf und spätestens im Alter von 3 Jahren wird er diesen Heißsporn sicherlich gut im Griff haben.
Lass Dich nicht beirren!
Auch an Euch liebe Grüße, Monika
Hallo Monika,
leider bin ich erst heute dazu gekommen, Deine Nachricht zu lesen. Lieben Dank.
In der Zwischenzeit ist von allen Seiten auf mich eingeredet worden, meinen Lorbas kastrieren zu lassen. Das macht mich total wuschig!
Jetzt habe ich Deinen so herrlich ausführlichen Bericht gelesen und bin somit gegen künftige Angriffe von sogenannten „Besserwissern“ gefeit. Du hast mir meinen Seelenfrieden wiedergegeben. Dafür danke ich Dir sehr.
Ich bin glücklich, durch Zufall damals auf Deine Seite gestoßen zu sein und kann Dich nur wärmstens weiterempfehlen.
Ein aufatmendes „WUFF“ von meinem Lorbas und liebe Grüße von mir, Monika