Neujahr 2009 . . .
Es ist nicht nur kalt und verschneit, sondern der nicht aufgetaute Schnee der vergangenen Wochen ist auch wieder eingefroren, so dass der Boden eine einzige vereiste Buckelpiste ist. In den Fahrrinnen der Autos ist der Boden spiegelglatt.
Gegen 8 Uhr morgens mache ich mit Gilla, Anton, Griepto und Pepper unsere Morgenrunde. Wir sind bereits auf dem Nachhause-Weg, als hinter uns eine Gruppe Jugendlicher auftaucht, die auf der Suche nach liegengebliebenen und nicht gezündeten Silvesterböllern sind.
Nun sind gerade die beiden Schwergewichte unter meinen Spitzen – Gilla und Griepto – hinsichtlich Silvesterböllern wahre Schissbuxen. Bei der Knallerei hinter uns muss ich ständig aufpassen, dass sie mir nicht in Panik geraten, weil sie dann anfangen, völlig unkontrollierbar loszurennen, im Kreis herum zu wirbeln mit Leinensalat in der Folge und Ähnlichem.
Und wenn die Beiden damit erst einmal loslegen, macht das Anton und Pepper offensichtlich wütend auf die Beiden und sie versuchen ebenfalls, Gilla und Griepto wieder zur Raison zu bringen. Das macht dann das ausbrechende Chaos natürlich perfekt.
Am ehesten lässt sich das noch verhindern durch präventive, straffe Unterordnung, die den Hunden ein Gefühl der Sicherheit gibt.
Ich bin also in dieser Situation voll auf meine Hunde konzentriert, zumal die Jugendlichen von hinten immer näher kommen und sich auch noch einen Gaudi daraus machen, die Böller nach den Hunden zu werfen.
Dadurch, dass ich so hoch konzentriert auf die Hunde bin, vergesse ich also offensichtlich, selbst mal nach vorn zu schauen und darauf zu achten, wo ich eigentlich hintrete. Welch ein folgenschwerer Fehler! Denn ich trete praktisch längs auf einen dicken Chinakracher, rutsche zur Seite herunter und verdrehe mir das Sprunggelenk. Mitten auf der Straße. Die Jugendlichen sind inzwischen abgebogen und so liege ich auf der vereisten Straße – weit und breit kein Mensch zu sehen!
Vier große Spitze sind praktisch noch im Fallen auf mich zugesprungen und ich kann mich noch bestens daran erinnern, dass in der Situation mein letzter Gedanke war „Mensch Kinders – Ihr wisst ja hoffentlich, dass ich immer gut zu Euch war, gell?“ Wussten sie. In jeder meiner erreichbaren Körperöffnungen fühlte, bzw. hörte ich eine kalte, feuchte Hundenase, die prüfte, was mit mir los wäre und mich anstupste . Anschließend legten sie sich neben, bzw. halb auf mich und beschlossen, mich jetzt zu bewachen. Erst mal war ich vor Schmerzen unfähig, mich auch nur zu bewegen. Erfroren wäre ich so allerdings wohl nicht.
Später dann habe ich mich mal gefragt, was wohl solchen Leuten, wie den Vorbesitzern von Griepto in so einer Situation passiert wäre, nachdem sie ihn so schwer misshandelt hatten….
Ich hatte allerdings Glück im Unglück: Eine meiner Nachbarinnen war auch so früh schon auf und hatte von der Küche aus meinen Sturz gesehen. Sie kam gleich herausgerannt und wollte mir helfen. Allerdings sah sie sich gleich vier wütenden Spitzen gegenüber, die nicht im Mindesten bereit waren, sie an mich heran zu lassen. Ich hatte inzwischen geschafft, mich aufzusetzen und so blieb mir nichts anderes übrig, als auf allen Vieren von der Straße zu krabbeln. So gern sie mir geholfen hätte – die Vier ließen sich nicht beruhigen. Ich hatte mich inzwischen auf das kleine Mäuerchen meiner anderen Nachbarn gesetzt und das Einzige, was meine hilfsbereite Nachbarin für mich tun konnte, war, meinen Sohn aus dem Bett zu klingeln, damit er mir den Rollator meines Vaters und die Hunde in Zweiergrüppchen nach Hause bringen konnte. Vor Allem das Letztere war eine echte Herausforderung, weil meine Hunde sich aus Leibeskräften dagegen sträubten, mich in dieser Situation zu verlassen und ihn böse angingen. Ich hatte meiner Nachbarin schon gesagt, dass mein Sohn Maulkörbe mitbringen sollte, die ich ihnen vorsichtshalber vorher anlegte. Sonst hätte er sie wohl auch nicht mitnehmen können.
Ich hatte mir das Sprunggelenk gebrochen und der Arzt wollte mich am Liebsten im Krankenhaus behalten. Das Problem ist nur, dass so etwas mit einem Rudel Großspitze, die nicht bereit sind, sich von jemand Anderem versorgen zu lassen, praktisch kaum machbar ist. Die Herrschaften lassen sich, wenn überhaupt, allenfalls von meinem jüngsten Sohn versorgen.
Es gibt eben auch bei Hunden keine eierlegenden Wollmilchsäue. Will man einen Hund, der sich auch in Abwesenheit von jedem anfassen und versorgen lässt, dann hat man keinen verlässlichen Wachhund – hat man einen guten Wachhund, dann gestalten sich Situationen wie diese ausgesprochen schwierig. Das gilt natürlich vor Allem für Alleinstehende. In einer Familie geht es meistens ein wenig einfacher.
Am Ende bin ich dann, trotz gebrochenen Sprunggelenks, mit einer Schiene versorgt, selbst mit meinen Hunden kleine Runden gegangen. Keiner von Ihnen hat an der Leine gezogen – alle haben nur ständig besorgt geguckt, ob ihr Frauchen noch mitkommt.
Nach dieser Geschichte habe ich dann beschlossen, mein Handy auf Hundespaziergängen immer mitzunehmen, zumal ich gern mit den Hunden nachts im Wald herumlaufe oder Ähnliches.