Steckbrief Deutscher Groß- und Mittelspitz

(mit geschichtlichen und aktuellen Eckdaten)

Äußere Erscheinung

Großspitze gibt es in den Farben schwarz, weiß, braun und gescheckt, bzw. neufarben. Die braune Varietät galt als ausgestorben bis 2007 durch gezielte Verpaarung von Groß- und Mittelspitz, sowie 2011 durch Re-Aktivierung alten Erbgutes aus reiner Großspitzzucht erstmals wieder braune Großspitzwelpen geboren wurden.

Mittelspitze werden in den Farben schwarz, weiß, braun, orange, graugewolkt und neufarben gezüchtet.

Die Widerristhöhe beim Großspitz beträgt 45 (+ 5) cm, beim Mittelspitz 35 (+ 5) cm.

Spitze haben dichtes, üppiges sog. doppeltes Fell mit Halskrause bzw. -mähne, sowie langes Fell an der Rückseite der Vorder- (Federn) und Hinterläufe (Hosen). Das doppelte Fell unterscheidet sich vom einfachen dichten und langen Fell dadurch, dass es auch im ausgebürsteten Sommerfell immer noch so viel glatte Unterwolle aufweist und fest genug ist, dass es steht (nicht hängt oder anliegt!) und somit sowohl im Sommer, als auch im Winter eine isolierende Schicht um den Körper bildet, die vor Hitze, Kälte und Nässe schützt, gleichzeitig aber äußerst pflegeleicht ist. Weitere typische Merkmale sind der dreieckige fuchsartige Kopf mit kleinen und spitzen Stehohren, sowie die geringelt auf dem Rücken getragene buschige Rute.

Herkunft und Verbreitung

Die im Zusammenhang mit dem Spitz gern zitierte und immer noch weit verbreitete Urhund-Theorie Theophil Studers, nach der der Spitz vom steinzeitlichen Torfhund „Canis palustris familiaris Rüthimeier“ abstammen soll, ist bereits seit 1997 durch genetische Untersuchungen widerlegt. Richtig ist:

Spitzartige Hunderassen kamen ursprünglich in ganz Europa, Asien, Afrika und Indien vor – heute sind sie weltweit verbreitet. Die genaue Herkunft des Spitzes (allgemein) ist aber ebenso ungeklärt, wie die anderer Hunderassen auch. Lediglich anhand verschiedenster, teils antiker, Abbildungen, Figuren usw. lässt sich nachvollziehen, dass es sich bei den Spitzen um eine der ältesten und ursprünglichsten Hunderassen handelt.

Von der FCI (Federation Cynologique Internationale) wird offiziell Deutschland als Ursprungsland des Deutschen Spitzes benannt. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil der Deutsche Spitz sich von allen anderen Spitz-Varietäten dadurch unterscheidet, dass die ausländischen Spitze immer auch jagdliche Verwendung fanden, was sich nicht nur auf das Verhalten, sondern auch auf den Körperbau auswirkt.

Eigenschaften

Deutsche Spitze sind traditionelle Wachhunde mit sehr enger Beziehung zu ihrer Familie und ihrem Territorium. Sie sind seit je her bekannt für ihre gute Wachsamkeit und Unbestechlichkeit. Bei  einem Wachhund angemessener Erziehung sind sie normalerweise weit weniger bellfreudig als andere Hunde.

Ein richtig gezüchteter und erzogener Spitz zeigt keinerlei Interesse an Beutespielen!!!
(Falko Baghira von der Zauberkiste – „Sammy“), [Foto: T. Klüh]

Besonders angenehm ist der fehlende oder sehr selten auftretende und vorwiegend durch Haltungs-, aber auch Zuchtfehler hervorgerufene geringfügige Jagdtrieb. Spitze sind zudem „geflügelfromm“, geduldig mit Kindern, hoftreu, witterungsunempfindlich und pflegeleicht. Groß- und Mittelspitz eignen sich, bei entsprechender Ausbildung, aufgrund ihrer Durchsetzungsfähigkeit (Hackenbiss) selbst für schwierigste Hüte- und Treibarbeit (z. B. bei Rindern oder Schweinen), für die englische Hütehunde wenig bis überhaupt nicht geeignet sind. Sprichwörtlich für den Spitz ist seine Reserviertheit und Zurückhaltung gegenüber Fremden, gegenüber der eigenen Familie zeigt er sich jedoch hochsensibel und sehr verspielt. Er ist ein sehr temperamentvoller und trotzdem hingebungsvoller Familienhund. Spitze sind aufgrund ihrer besonderen Cleverness, Schnelligkeit, Wendigkeit und Sprungkraft auch im Hundesport sehr erfolgreich – Ausdauertraining ist für sie eher ungeeignet. Besonders typisch für Spitze jeder Größe ist, dass sie sich, angetrieben von ihrer überschäumenden Neugier, ungewöhnlich oft auf die Hinterbeine stellen, leichtfüßig tänzeln und auch laufen oder zweibeinig herumhopsen, um nur ja nichts zu verpassen. Sie haben ein auffallend gutes Gedächtnis und sind sehr selbstbewusste, manchmal auch eigensinnige Persönlichkeiten.

Geschichtliche und aktuelle Eckdaten

Groß- und Mittelspitze wurden bis 1969 nicht voneinander unterschieden, sondern bildeten gemeinsam mit den Wolfsspitzen die Gruppe der Großen Spitze (30 – 45 cm). Unterschiede in Farbe und Temperament ergaben sich aus der teils unterschiedlichen Verwendung und sind ansatzweise bis heute erhalten geblieben. Im nördlichen Verbreitungsgebiet waren die Großen Spitze vorwiegend weiß und, im Vergleich zum schwarzen Großspitz, trotz guten Temperaments relativ ruhig aufgrund ihrer teilweisen Verwendung als Hüte- und Treibhund. Im südlichen Verbreitungsgebiet wurde hauptsächlich der schwarze Großspitz gezüchtet, um im Schutz der Dunkelheit besser die Weinberge bewachen zu können („Weinbergspitz“). Da er dort nicht selten auf Wildschweine stieß, musste er auch gleichzeitig besonders wehrhaft sein. Als Wachhunde für Haus und Hof oder auch auf Fuhrwerken („Fuhrmanns-Spitz“) wurden alle Farbschläge gleichermaßen eingesetzt.

Speziell in Westfalen wurde der schwarze Großspitz gern mit dem dortigen größeren, aber etwas ruhigeren Wolfsspitz, seltener auch dem weißen Großspitz, gekreuzt und ist darum im ländlichen Westfalen bis heute als „schwarzer Wolfsspitz“ bekannt.

Bedingt durch die Abkopplung der Hunderasse von ihrer ursprünglichen Verwendung, bei der sowohl Farbe, als auch Größe, Erscheinung und Charaktereigenschaften dem sinnvollen Kontext einer bestimmten Verwendung untergeordnet waren, wurden bei den Spitzen (wie auch bei vielen anderen Hunderassen) verschiedene einst nützliche funktionelle Merkmale (z. B. Farbreinheit) in der vereinsmäßigen Zucht zum Schönheitsideal hochstilisiert und zum Dogma erhoben (VfDSp: 1958). Diese Dogmatisierung führte dazu, dass sehr viele ansonsten äußerst typvolle und wertvolle Zuchttiere unsinnigerweise von der Zucht ausgeschlossen wurden.

Die 1965 beschlossene Trennung von Wolfs- und Großspitzzucht brachte beide Rassen bereits in arge Bedrängnis, da sie die „Blutauffrischung“ verhinderte. Durch die weitere Aufteilung der beiden Größenschläge (Großer und Kleiner Spitz) in vier (Mittel- und Großspitz: 1969; Zwerg- und Kleinspitz: 1974) wurde der ohnehin kleine Genpool sowohl der Groß-, als auch der Mittelspitze noch weiter reduziert, was zwangsläufig zur extremen genetischen Verarmung, also zunehmender Inzucht und Inzestzucht führte, von der sie sich bis heute nicht erholt haben.

Seit 2010 wurden u. A. in neu gegründeten Vereinen außerhalb des VDH die ursprünglich auch dort gültigen Regeln zur Zucht wiederbelebt und Anpaarungen zwischen Wolfs- und Großspitzen, Groß- und Mittelspitzen, sowie Verpaarungen unterschiedlicher Farbschläge durchgeführt. Seit 2022 sind auch im VfDSp (VDH) Anpaarungen unterschiedlicher Größen- und Farbschläge mit Auflagen wieder zulässig, nicht jedoch die Verpaarung zwischen Groß- und Wolfsspitz.

Darüber hinaus gibt es einzelne Projekte zur Blutauffrischung durch Kreuzungszucht mit ausländischen Spitz-Varietäten.

Die inzwischen wieder leicht steigenden Wurfzahlen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die effektive Zuchtbasis nach wie vor extrem eng ist und der tatsächliche (genetisch ermittelte) Inzuchtkoeffizient in der Regel den rechnerisch ermittelten Wert weit übersteigt – sowohl Mittel-, als auch Großspitze sind nach wie vor sehr stark vom Aussterben bedroht!

 

Quellen

Drossard, Hartwig: Spitze sind spitze, Kynos-Verlag, Mürlenbach, 1999

Götz, Theodor: Hunde-Gallerie oder naturgetreue Darstellung des Hundes, Verlag der Kunsthandlung von Eduard Lobe, Weimar, 1838

Hennecke, Joseph: Der Deutsche Spitz, Buchreihe Freund Hund, Bd. 18, herausgegeben unter dem Patronat und im Auftrage des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH) e. V. vom Verein für Deutsche Spitze e. V. 1899, Otto Meissners Verlag, Schloß Bleckede an der Elbe, 1962

Jäger, Werner: Der Deutsche Spitz, Buchreihe Freund Hund, Bd. 18, herausgegeben unter dem Patronat und im Auftrage des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH) e. V. vom Verein für Deutsche Spitze e. V. 1899, Otto Meissners Verlag, Schloss Bleckede an der Elbe, 1977

Krichler, Franz: Katechismus der Hunderassen, Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber, Leipzig, 1892

Reichenbach, P. G. Ludwig: Der Naturfreund – Naturgeschichte des In- und Auslandes, Verlag der Expedition des Naturfreundes, Leipzig, 1834

Strebel, Richard: Die Deutschen Hunde, Bd. I, Verlag Eduard Koch, München, 1904

Umlauff, Gerda M.: Unsere Spitze, Lehrmeister-Bücherei Nr. 522, Albrecht Philler Verlag, Minden 1977

Verein für Deutsche Spitze (VDH): div. Zuchtbücher und div. Publikationen („Der Deutsche Spitz“, Zuchtprogramm u.A.m.)

 

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