Wurf- und Deckrüdenstatistik Mittel- und Großspitze

1          Vorbemerkung

Die hier abgebildeten Wurfstatistiken und Datenauswertungen beruhen ausschließlich auf in der

Datenbank Deutscher Spitz

gelisteten und in Deutschland gefallenen Würfe. Dazu noch einige sehr wichtige Hinweise:

  • Da nicht alle Züchter gleichermaßen ihre Würfe in der Datenbank anmelden, ist davon auszugehen, dass die Zahl der tatsächlich geworfenen Welpen die hier angegebenen übersteigt.
  • Für die Mittelspitze wurden hier – vorerst (!) – nur die Welpenzahlen für die Gesamt-Population ausgewertet ohne weitere Aufschlüsselung nach Farben, Wurfstärken oder Deckrüden. Rom wurde bekanntlich auch nicht an einem Tag erbaut!
  • Für die Großspitze wurden sowohl die Welpenzahlen für die Gesamt-Population ausgewertet, als auch eine weitere Differenzierung für die Farbschläge weiß, schwarz, braun und andersfarbig/gemischt-Verpaarungen vorgenommen!
  • Da in den Vereinen außerhalb des VDH schon länger, seit neuestem auch innerhalb des VDH Anpaarungen zwischen Mittel- und Großspitz, sowie farbübergreifende Anpaarungen möglich sind, außerhalb des VDH auch Verpaarungen von Groß- und Wolfsspitzen durchgeführt werden, sind die Welpenzahlen dieser Würfe ebenfalls erfasst, aber aufgrund der geringen Anzahl nur hinsichtlich der durchschnittlichen Wurfstärke weiter aufgeschlüsselt.
  • Die Welpenzahlen wurden ermittelt aufgrund der für die Elterntiere angegebenen Fellfarben. Es ist aber ein Fakt, dass auch z. B. aus 2 schwarzen Elterntieren weiße/isabellfarbene oder braune Welpen hervorgehen können – bei der farblichen Zuordnung konnte daher nur von den Fellfarben der Elterntiere ausgegangen werden.
  • Dieser Statistik liegt, ebenso wie auch der gesamten Spitz-Datenbank, die Annahme (!) zugrunde, dass die dort angegebenen auch die tatsächlichen Elterntiere seien. Eine Garantie ist das aber nicht, da meines Wissens kein einziger in Deutschland tätiger Zuchtverein routinemäßig und zwingend vor Ausstellung einer entsprechenden Ahnentafel eine genetisch nachgewiesene Abstammung einfordert im Sinne eines genetischen Elternschaftsgutachtens!
  • Nicht angegeben werden Würfe aus Einkreuzungsprojekten!

 

2          Welpen- und Wurfstatistiken

2.1        Mittelspitze, Mittel- x  Großspitz, Groß- x Wolfsspitz, Großspitze allg.

Verpaarungen zwischen Groß- und Wolfsspitz, die in den Vereinen außerhalb des VDH inzwischen erlaubt und praktiziert wird – innerhalb des VDH jedoch (noch?) nicht!

Eine Übersicht über die Wurfzahlen der Großspitze insgesamt – eine Trendlinie zur Veranschaulichung des gleitenden Durchschnitts wurde hier und in den weiteren Diagrammen eingefügt:

Die Anzahl der an den darüberstehenden Würfen beteiligten Deckrüden wird der Wurf-Anzahl gegenübergestellt, weil man so bereits auf den ersten Blick sieht, ob und wie häufig Deckrüden mehrere Hündinnen in ein- und demselben Jahr belegt haben. Zu häufiger Einsatz bestimmter Deckrüden führt unweigerlich zur weiteren genetischen Verarmung einer Zuchtpopulation!

Die Wurfstärke hängt von sehr vielen verschiedenen Faktoren ab, die hier aber nicht erläutert werden sollen. Die durchschnittliche Wurfstärke innerhalb einer Zuchtpopulation wird aber als wichtiges Indiz für die gesundheitliche Situation eben dieser Population erachtet. Aus diesem Grunde wird sie hier noch einmal gesondert herausgefiltert:

 

2.2        Die Farbschläge der Großspitze im Einzelnen

Bitte beachten Sie im Folgenden die im Verhältnis zur Gesamtübersicht kleinschrittigere Skalierung der Diagramme für die einzelnen Farbschläge!

 

2.2.1      Großspitze, weiß

Auch hier wieder die gesonderte Auflistung der durchschnittlichen Wurfstärken über die Jahre hinweg:

 

2.2.2      Großspitze, schwarz

 

2.2.3      Großspitze, braun

Von den braunen Großspitzen sind/waren, lt. Datenbank, 4 Hündinnen in der Zucht:

Die Hündinnen wurden wie folgt angepaart:

Ebenfalls in der Zucht sind/waren 7 braune Großspitzrüden:

Die Rüden wurden wie folgt angepaart:

Die braunen Großspitze werden diagrammmäßig unter den Anpaarungen andersfarbiger Großspitze, bzw. den farbübergreifenden Verpaarungen dargestellt.

Die nach langer Zeit erstmalig in den Jahren 2007 und 2011 wieder gefallenen Würfe mit braunen Welpen erscheinen nicht in der Grafik, weil hier die Wurfzahlen anhand der Fellfarben der Elterntiere angegeben sind. Bei dem 2007 gefallenen Wurf war das Muttertier eine braune Mittelspitzin, die von einem schwarzen Großspitz gedeckt wurde. Daher erscheint dieser Wurf nicht bei den Großspitzen, sondern bei den Welpenzahlen von Mittel- und Großspitz-Verpaarungen!

Der zweite Wurf 2011 war eine reinfarbig schwarze Verpaarung von Großspitzen und entsprechend wird dieser Wurf unter den reinfarben schwarzen Würfen gelistet.

 

2.2.4      Großspitze, andersfarbig

 

 

3          Deckrüden – Großspitze

In der Datenbank wurden für den Zeitraum von 2000 bis 2021 folgende aktive Deckrüden gelistet:

Besonders hervorzuheben sind folgende Rüden, bzw. „fleißige“ Brüderpaare:

Bei den weißen Deckrüden hat den Vogel abgeschossen und sich einen „bleiernen Deckel“ verdient:

Alf vom Oderblick

Er hat im Jahr 2017 fünf Decksprünge absolviert und dabei ganz allein fast 17% der gesamten Großspitz-Nachzucht gezeugt, bzw. 1/3 der Nachzucht der weißen Großspitze des Jahres!!!

Er hat ihn allerdings nicht allein verdient, sondern muss ihn sich mit dem zuständigen Zuchtwart teilen, sobald der wieder aufgewacht ist!

Zahlenmäßig haushoch den weißen Großspitz-Deckrüden überlegen zeigten sich in der Vergangenheit allerdings die schwarzen Deckrüden . . .

(„Einer geht noch . . .“?)

 

 

4          Bewertung der vorliegenden Daten

Die vorliegenden Daten liefern sicherlich nicht nur Erkenntnisse, sondern auch manchen Zündstoff. Darum ist es wichtig, sich mit der Aussagekraft dieser Daten zu beschäftigen. Natürlich kann man auch in heftiges „Ahh!!“ und „Ohhh!!“ verfallen und auf schnellstem Wege irgendwelche Schuldigen ausmachen um sie anschließend mit einem Shitstorm zu überfallen. Das kann man tun. Aber was bringt das? Ändert das irgend etwas an der Vergangenheit? Mitnichten!

Exkurs:

Ich möchte hier mal einen kleinen Exkurs in die Vergangenheit machen und an die Zucht weißer Großspitze durch Eyke Schmidt-Rhode und die schwarzer Großspitze durch Margret Weihs-Hecker erinnern. Schließlich habe ich diese Zeit persönlich durchlebt und damit logischerweise auch die Not der damaligen Züchter. Denn jede Medaille hat zwei Seiten.

Natürlich kann man über das, was die beiden züchterisch so getrieben haben, vortrefflich streiten. Aber man sollte dabei nicht vergessen, warum sie das gemacht haben. Ich konnte in deren Köpfe ebenso wenig hineinsehen wie jeder andere auch. Aber ich kann mich gut daran erinnern (und habe das in der „Zuchtgeschichte“ auch geschrieben, dass damals sehr viele Züchter die Flinte ins Korn geworfen haben, weil sie keine Basis mehr sahen für eine auch nur halbwegs gesunde Zucht. Hintergrund dafür waren das starre Beharren der Vereinsführung (mit Unterstützung all derjenigen Züchter, die von der speziellen Problematik sehr kleiner Zuchtpopulationen nicht betroffen waren) auf zum Dogma erhobenen Idealen von Farbreinheit, Größenzuordnungen und Anderem mehr. Wenn Eyke Schmidt-Rhode Samojeden und weiße Schäferhunde in die weißen Großspitze eingekreuzt hat, dann hat sie das auch deswegen getan, weil es fast keine unverwandten Deckrüden mehr gab. Ähnliches gilt für die hochgradige Inzucht/Inzestzucht in ihrer Zuchtstätte, aber auch bei den schwarzen Großspitzen, also der Zucht von Margret Weihs-Hecker.

Es liegt mir fern, die von ihnen begangenen Zuchtfehler zu beschönigen oder sie dafür in Schutz nehmen zu wollen – aber die beiden haben im Grunde nichts Anderes getan, als wir es heute tun: Sie haben nach Wegen zur Erhaltung der Großspitze gesucht. Nur gab es damals noch kein Internet, in dem man sich hätte austauschen können und auch manches Andere (Molekulargenetische Labore, Hundesamenbanken etc. pp.) war nicht vorhanden oder schwieriger zu bewerkstelligen als heute. Sie haben – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – die sich ihnen bietenden „Strohhalme“ ergriffen, um „ihre“ Hunde zu retten.

So sehr unsere Hundezucht auch heute noch an den Folgen dieser lange zurückliegenden Zuchtfehler laboriert – die beiden (und auch andere) zu verteufeln bringt niemanden weiter!

Man muss das ja nicht gut finden, was sie gemacht haben, aber man kann versuchen, es zu verstehen. Und man kann versuchen, die Umstände und Gründe zu verstehen, die sie dazu veranlasst haben, so zu handeln. Nur so kann man ähnlichen Fehlentwicklungen entgegensteuern!

Und – auch das sollt man berücksichtigen – sie haben uns zwar genetisch relativ desolate Großspitze hinterlassen, aber wenigstens haben sie uns Großspitze hinterlassen! Hätten sie es den Anderen gleichgetan, dann gäbe es nämlich heute überhaupt keine Großspitze mehr!

 

Das ganze vorliegende Zahlenwerk muss also erst einmal verstanden werden, damit man zukunftsträchtige Erkenntnisse und Ziele daraus ableiten kann. Oder, anders ausgedrückt, diese Zahlen können den Blick darauf lenken, wo „unsere Baustellen“ sind.

 

4.1        Die Welpen- und Wurfstatistik

 Ich möchte an dieser Stelle noch einmal vorwegschicken, dass die aus der Datenbank erhobenen Daten zu den Großspitzen die Daten aller Zuchtvereine/Züchter beinhalten!

Zwar kann ich die Daten den einzelnen Zuchtvereinen zuordnen, aber das ist dann der nächste Schritt, um ggf. herauszufinden, welche Auswirkungen die jeweils unterschiedlichen Zuchtstrategien hatten/haben.

Beginnen wir mit den Welpen- und Wurfzahlen, sowie den Statistiken zu den Rüden. Wie oben bereits erwähnt, hat die durchschnittliche Wurfgröße innerhalb einer Zuchtpopulation eine wichtige Indikatorfunktion bzgl. des allgemeinen Gesundheitszustandes. Der Gesundheitszustand (Fitness)  einer Population wird an sehr unterschiedlichen Faktoren festgemacht und einer davon ist die Fruchtbarkeit oder Fertilität. Grundsätzlich kann Unfruchtbarkeit (oder Infertilität) sowohl bei Rüden, als auch bei Hündinnen vorkommen und die unterschiedlichsten Ursachen haben. Allerdings stehen die meisten dieser Ursachen in irgendeiner direkten oder indirekten Beziehung zum Gesundheitsstatus der Tiere, der züchterisch belastet sein kann (zu hohe Homozygotie im genetischen Bereich der Immunabwehr).

Vergleicht man nun die durchschnittlichen Wurfstärken der Großspitze insgesamt und nach Farbschlägen, so findet man folgende Werte:

Unschwer zu erkennen ist, dass die weißen Großspitze die niedrigste Wurfstärke haben – die schwarzen Großspitze die höchste – die andersfarbigen und farbübergreifenden Verpaarungen liegen im Mittelfeld. Die Hoffnung, der sog. Heterosis-Effekt, also die Zunahme der Fitness durch Verpaarung mit bislang in der Zuchtpopulation nicht vorhandenen Individuen müsse hier doch schon deutlicher in Erscheinung treten, ist zu kurz gedacht. Denn eine Zunahme der Fitness ist ja erst in der durch farbübergreifende Anpaarung entstandenen Generation zu erwarten! In dieser zusammengefassten Gruppe aber ist nur der geringere Teil der Würfe durch andersfarbige, also schon in gewissem Umfang ausgezüchtete Tiere zustande gekommen. Der weitaus größte Teil der Würfe entstand durch erstmalige farbübergreifende Verpaarung. Der Heterosis-Effekt kann aber erst zum Tragen kommen, wenn die so gezeugten Welpen ihrerseits in die Zucht gehen!

Deutlich wird bei den weißen und schwarzen Großspitzen auch, dass der absolute Tiefpunkt zu Beginn der 2000er Jahre erreicht war und seitdem ein, wenn auch leichter, Aufgangstrend zu sehen ist. Über die Ursachen kann man mutmaßen, mehr aber auch nicht.

Ich könnte mir vorstellen, dass ein verstärkter Austausch, verbesserte Informationsmöglichkeiten und dadurch bedingter Erkenntniszuwachs  von Züchtern und Hundehaltern, sowie auch die Einrichtung der Datenbank eine nicht unwesentliche Rolle dabei gespielt haben mögen.

Über den gesamten Zeitraum wurden bei den weißen Großspitzen 578 Welpen geworfen – bei den schwarzen 587. Das macht im Jahresdurchnitt 26,27 Welpen bei den weißen und 27,95 bei den schwarzen Spitzen. Die dafür erforderliche Wurfzahl betrug bei den weißen Großspitzen 135 Würfe (durchschnittlich 6,14 Würfe/Jahr), bei den schwarzen waren es 106 Würfe (5,05 Würfe/Jahr).

Die andersfarbigen Spitze werden hier nicht einbezogen, da der Vergleichszeitraum und die Anzahl der währenddessen aufgezogenen Welpen noch zu gering sind, um belastbare Vergleichsdaten zu ermitteln.

Der Trend, dass auch die Wurfzahlen selbst eine aufsteigende Tendenz zeigen, ist im vorliegenden Diagramm deutlich erkennbar.

 

4.2        Die Rüdenstatistik

Die Rüdenstatistik fördert Erschreckendes zu Tage – kein Zweifel.

Dennoch bedarf sie näherer Erläuterung.

Die Rüdenstatistik liefert uns wichtige Informationen für zwei Bereiche der Zucht. Der erste Bereich ist die Fertilität oder Fruchtbarkeit der Rüden, der zweite Bereich betrifft die populationsgenetische Gesamtsituation der Hunderasse.

 

4.2.1      Rüden-Fertilität

Die Fertilität der Rüden ist gerade bei Zuchthunden ein zunehmendes Problem. Zum Einen tritt bei immer mehr Hunden eine sog. Deckfaulheit auf, zum Anderen nimmt oft die Wurfgröße ab.

Grundsätzlich ist die Wurfgröße primär abhängig von der Gesamtsituation und -konstitution der zu belegenden Hündin. Das ist ein recht großes Thema, das hier nicht weiter ausgeleuchtet werden soll. Aber: Auch wenn der Deckrüde nicht unmittelbar die Größe eines Wurfes beeinflusst, so kann er doch entsprechende Anlagen an seine Töchter vererben [Beuing et al.: Analysis of fertility in canine populations in respect to genetic and environmental influences]. Und die Wahrscheinlichkeit ist entsprechenden Untersuchungen zufolge sehr hoch! Das heißt, dass ein Rüde aus einem relativ kleinen Wurf mit hoher Wahrscheinlichkeit die Veranlagung zu einer geringen Wurfstärke weitergibt! Dies ist ein durchaus interessanter Aspekt, den man ggf. neben vielen anderen Faktoren, bei der Auswahl eines Deckrüden berücksichtigen kann (oder sollte?).

 

4.2.2       Populationsgenetische Aspekte

Hierzu ein Zitat (Internationale Zuchtstrategien der FCI, Art. 3, genehmigt vom FCI-Vorstand im November 2018 in Thuin):

Um die genetische Vielfalt der Rasse zu erhalten bzw. vorzugsweise zu erweitern, sind Matador-Zucht und starke Inzucht zu vermeiden. Die Paarung von Geschwistern, Müttern und Söhnen sowie von Vätern und Töchtern darf niemals durchgeführt werden. Als allgemeine Empfehlung sollte kein Hund mehr Abkömmlinge als 5% der Welpen hervorbringen, die in der Zuchtpopulation in einem 5-Jahres-Zeitraum registriert werden. Der Umfang der Zuchtpopulation sollte nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene Berücksichtigung finden, insbesondere bei Rassen mit wenigen Tieren.

Als Matadorzucht bezeichnet man den übermäßigen Einsatz einzelner Deckrüden, die auch als Popular Sires bezeichnet werden. Die Empfehlung der FCI basiert auf allgemeinen Erkenntnissen der Populationsgenetik, zu der ich ebenfalls ein Skript erstellen möchte, sobald ich Zeit dazu finde.

Was heißt das nun in Bezug auf die hier vorgestellte Deckrüdenstatistik?

Es heißt, dass man nicht die Decksprünge eines Rüden losgelöst von allem Anderen betrachten kann und darf, sondern immer im Kontext zur Gesamtpopulation sehen muss.

 

Ich greife mal als Beispiel heraus den weißen Deckrüden Bent vom Vollblutarabergestüt Hoher Fläming. Er hat gedeckt im Zeitraum 2010 bis 2021 und dabei in 6 Decksprüngen 32 Welpen gezeugt (Farbreinzucht).

Da er ausschließlich weiße Hündinnen und nur im VDH, also innerhalb einer geschlossenen Population gedeckt hat, muss also der Kontext sein die Population der weißen Großspitze im VDH.

Hier hätte der Zuchtwart die Entwicklung der Population abschätzen können, indem er entweder die Wurfzahlen des Vorjahres (vom Jahr 2010 lagen ihm ja noch keine Zahlen vor), also 11 Welpen/Jahr hätte annehmen können oder aber auch vom Durchschnitt der letzten beiden Jahre (also (34 + 11) : 2 = 22,5 Welpen/Jahr) für die kommenden 5 Jahre hochrechnen können (=112,5 Welpen gesamt) und damit für den Rüden im Jahr 2010 festgelegt, dass er in den nächsten 5 Jahren 5 % davon als Nachkommen zeugen darf. Das wären 5,625 Welpen in 5 Jahren.

De facto fielen aber im Zeitraum 2010 – 2014 im VDH 164 weiße Großspitzwelpen. Von denen hatte er jedoch bereits 22 gezeugt, also rd. 13,4 %. Das ist fast das Dreifache.

Im Zeitraum zwischen 2010 und 2021 wurden 391 weiße Großspitzwelpen im VDH geworfen. 32 davon wurden von Bent gezeugt – also rd. 8,2 Prozent. Das ist, trotz der langen Deckpausen zwischendurch, immer noch mehr als das anderthalbfache dessen, was die FCI empfiehlt.

 

Widmen wir uns nun einem aktuelleren Kandidaten: Alf vom Oderblick.

In den Jahren 2017 bis 2021 fielen im VDH 168 weiße Großspitzwelpen. 25 davon wurden von Alf vom Oderblick gezeugt. Das sind fast 15 Prozent der Population. Geht man nun von einer jährlichen Wurfzahl von durchschnittlich 33,6 Welpen aus (orientiert an den Zahlen der letzten 5 Jahre), dann hat er sein „Soll“ bis Mitte des Jahres 2030 erfüllt.

 

Noch ein Beispiel – ein illustres Brüderpaar . . .

Eero und Eiven vom Alpenspitz decken seit 2015. Wenn man jetzt einmal davon ausgeht, wie es die meisten ja tun, die beiden seien genetisch völlig identisch. (Der Grund, weshalb ich den meisten Züchtern diesen Gedankengang unterstelle, liegt einfach darin, dass sie sich an dem in der Datenbank errechneten Inzuchtkoeffizienten orientieren und der setzt die beiden, als mathematischen Axiom, auf diesen Status.)

Dann müsste man sie, genau genommen, entsprechend der FCI-Vorgabe als ein- und denselben Deckrüden betrachten, der seit 2015 bereits 29 Welpen gezeugt hat. Seit 2015 sind im VDH 230 weiße Großspitzwelpen gefallen. 5% davon sind also 11,5 Welpen.

Nun hat aber einer der Brüder einen Wurf mit einer schwarzen Großspitzin gemacht, die einen Welpen geworfen hat. Das führt nun zu der Frage, ob nun ggf. die Gesamtheit der schwarzen und weißen Großspitze als Zuchtpopulation zur Berechnung herangezogen werden muss. Dann müssten die 5% von 426 Welpen berechnet werden und man käme auf 21,3 Welpen. Da wäre 29 zwar auch mehr, aber nach einer kurzen Deckpause dürften sie wieder „durchstarten“.

Ebensogut könnte man den einzelnen Welpen herausrechnen und für diesen „zusammengezogenen Deckrüden „nur noch“ 28 Nachkommen berechnen.

Man kann das Ganze natürlich noch weiterspinnen:

  • Was ist, wenn Väter und Söhne sich die gleiche Zuchtpopulation „teilen“?
  • Was ist, wenn auch noch zwei Wurfschwestern in der Zucht sind und dort ihr vergleichbares Erbgut einbringen?

Das wirft also Fragen auf. Wobei das Fragen allein ja nichts nutzt, solange die Zuchtwarte des VfDSp sich nicht darum kümmern, weil es ja „nur“ eine Empfehlung ist. In der Zuchtordnung des VDH vom 26.04.2015 heißt es unter § 4 Zuchtmaßnahmen auch nur (Zitat) „4. Um eine möglichst breite Zuchtbasis zu erhalten, wird den Rassehunde-Zuchtvereinen für Rüden eine Begrenzung der Deckakte empfohlen.“

Um hier keine Zweifel aufkommen zu lassen: Mir ist auch nicht bekannt, dass in anderen, nicht dem VDH angehörenden, Zuchtverbänden verbindliche Auflagen gemacht würden!

So, aber damit ist die Geschichte mit den Deckrüden natürlich noch nicht erledigt. Zur Nachkommenschaft von Giro-Gauner von der Beyenburg kann ich mir nach den vorherigen Rechenbeispielen wohl jeden Kommentar sparen. Aber:

Da ist ja noch der Bonk von Krautfürnix!

Auch der Bonk von Krautfürnix ist ein Paradebeispiel dafür, dass endlich einmal einige Leute aufwachen und ihre Hausaufgaben machen müssen!

Der Bonk von Krautfürnix hat in den Jahren 2010 bis 2021 in 15 Decksprüngen insgesamt 73 Nachkommen gezeugt. Fleißig-fleißig!

Von diesen kamen in den Jahren 2010, 2015, 2017 und 2018  im  VfDSP (VDH) 25 Welpen zur Welt, in den Jahren 2011 bis 2015 im IHV 41 Welpen  und 2015, 2016 und 2020 im ORV noch 7 Welpen – im Jahr 2015 war der Gute nämlich gleich in 3 verschiedenen Vereinen tätig!

Er hat zweimal eine braune Hündin gedeckt, dreimal eine weiße (aus unterschiedlichen Vereinen) und 10 schwarze Hündinnen aus 3 verschiedenen Vereinen.

Aus diesem Grund muss als Population, von der die 5 % der Nachkommenschaft berechnet wird, die Gesamtpopulation aller Großspitze gewählt werden. Und die haben in den Jahren 2010 bis 2021 insgesamt 1153 Welpen geworfen. 5% davon sind also 57,56 Welpen. Er hat also, obwohl er ja vereinsübergreifend und farbunabhängig gedeckt hat, etwa die 1,3fache Anzahl Welpen gezeugt, die er hätte zeugen sollen.

 

Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Mit einem lachenden, weil Bonk von Krautfürnix im Grunde so einen Beitrag zur Durchmischung des Erbgutes gesorgt  und vor allen Dingen auch bewiesen hat, dass eine solche Diffusion sehr wohl möglich ist, wenn man es nur will. Quod erat demonstrandum!

Mit einem weinenden Auge sehe ich es, weil es mir zeigt, wie wichtig die vereinsübergreifende Zusammenarbeit von Züchtern ist, denn wenn die Zuchtwarte nur ihre eigene Zuchtpopulation „auf dem Schirm haben“ können sie leicht übersehen, wenn ein wahrer „Landbeschäler“ unterwegs ist und so am Ende dafür sorgt, dass auch die Registerhunde, die man als vermeintliche Blutauffrischung aus einem anderen Verein ins Register holt, mit den eigenen Hündinnen womöglich bereits engstens verwandt ist! Denn es wird einen nicht zu klärenden Anteil Würfe geben, die nicht in die Datenbank eingetragen werden und bei denen auch die eingetragenen Elterntiere nicht stimmen, weil so etwas dann eben im Verborgenen stattfindet und die Zuchtvereine es versäumen, für jeden einzelnen Welpen einen genetischen Abstammungsnachweis einzufordern (und durch eben dieses Versäumnis ihrer eigentlichen Aufgabe solchen Machenschaften auch noch Tor und Tür öffnen).

Ein anderer Aspekt, der mir sehr wichtig erscheint, ist die Tatsache, dass – und da wiederhole ich mich – im Zusammenhang mit der Matadorzucht immer gern schnellstens mit dem Finger auf die Besitzer der Deckrüden gezeigt wird, aber sie sind ja keineswegs die Alleinverantwortlichen an diesem schwerwiegenden Zuchtfehler! In mindestens (!!!) gleichem Maße verantwortlich dafür sind doch die Züchter(innen), die immer wieder denselben Deckrüden aufsuchen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu „verschwenden“, welcher Rüde denn dann in der nächsten eng verwandten Generation welche Hündin decken soll. Diese Züchter(innen) machen den Rüden doch erst zum Popular Sire!

Normalerweise sollte ein Zuchtverein als letzte Instanz solchen verhängnisvollen Seilschaften Einhalt gebieten, indem der Zuchtwart eine solche Anpaarung nicht gestattet.  Aber so lange für die Zulassung zur Zucht, den Einsatz von Deckrüden und erst recht für die Ausübung der Tätigkeit des Zuchtwartes nur die unklare Vorgabe von wie auch immer gearteten „Fachkenntnissen“ gemacht wird, darf man sich nicht wundern. Hier müssen klare inhaltliche Vorgaben (z. B. Populationsgenetik) definiert werden, die auch unter ernsthaften Prüfungsbedingungen (und nicht zuhause am Küchentisch) schriftlich abgeprüft werden!

 

Und wenn ich sage, dass am Beispiel Bonk von Krautfürnix überdeutlich wird, dass mal einige Leute aufwachen und ihre Hausaufgaben machen müssen, dann meine ich damit nicht, dass man sich noch wesentlich mehr Repressalien einfallen lassen solle, um die eigene Zuchtpopulation anderen Vereinen gegenüber besser abzuschotten, sondern ich meine damit, dass es eben wichtig ist, dass (nicht nur, aber vor Allem) Zuchtwarte die gesamte Großspitzpopulation im Auge behalten und endlich ihrer Verantwortung der Zuchtlenkung nachkommen!

Es wäre auch sinnvoll, wenn seitens der Zuchtvereine für die verbindliche Eintragung der Würfe nicht nur in ihr eigenes Zuchtbuch oder Register, sondern auch in die Datenbank gesorgt würde!

Denn – und da mache ich mir nichts vor – die Datenbank ist nachweislich sehr lückenhaft und evtl. sind auch unkorrekte Angaben enthalten. Dem entsprechend kann auch meine Auswertung dieser Daten nicht valider sein als die dort eingespeicherten Informationen! Ich halte aber die Auswertung der Daten aller Spitze, vereinunabhängig, für grundlegend wichtig, wenn man sich einen Überblick über die Situation machen will!

 

5          Zusammenfassung

Die Erarbeitung der vorliegenden Daten, die sicherlich die Situation der Großspitze einigermaßen akzeptabel aufzeigt, zeigt auch die Tücken und Lücken der Spitzzucht auf.

Man kann daraus verschiedene Postulate ableiten:

  1. Die Weiterleitung von Wurfdaten an die Spitz-Datenbank sollte von allen Zuchtvereinen verbindlich festgelegt werden, damit diese auch ein Mindestmaß an Validität der dortigen Daten garantieren kann!
  2. Die Validität einer Abstammungsurkunde ist nur gewährleistet, wenn vor jeder Ausstellung einer solche Urkunde für jeden Hund ein genetisches Gutachten vorgelegt wird! (In anderen Ländern übrigens bereits verpflichtend vorgeschrieben)
  3. Die Empfehlungen der FCI und des VDH zur Verhinderung von Matadorzucht („5 % -Regel“) beruhen auf kynologischen, bzw. populationsgenetischen und damit wissenschaftlichen Erkenntnissen und sollten in den Spitzzuchtvereinen ebenfalls verbindlich umgesetzt werden! Das bedeutet, dass die Genehmigung eines Deckaktes nur dann erfolgen darf, wenn die Anzahl der Nachkommen eines Rüden geringer ist, als ¼ der Gesamtzahl der geworfenen Welpen des letzten Jahres (bei starken Abweichungen auch des Mittels der beiden letzten Jahre) der betreffenden Gesamtpopulation seiner Varietät abzüglich der durchschnittlichen Wurfstärke. Abweichungen sollten nur erfolgen, wenn aus anderen Gründen (z. B. Trägerschaft von PRCD) kein anderer Deckrüde für die Hündin infrage kommt.
  4. Betrachtet man den gleichzeitigen Zuchteinsatz mehrerer Tiere aus einem Wurf, so sollte man sich nicht nur freuen, dass wieder mehr Tiere in die Zucht kommen (was ja erst einmal durchaus positiv ist), sondern auch Lösungen suchen, um einer Erhöhung des Verwandschaftsgrades innerhalb der Gesamtpopulation vorzubeugen (z. B. Hundesamenbanken, damit das Erbgut mit Verzögerungen eingebracht werden kann). Diese Problematik ist typisch für die Zucht in kleinen Populationen!
  5. Es müssen klare inhaltliche Mindestvorgaben zu den Kenntnissen definiert und festgeschrieben werden, die für die Zulassung zur Zucht (sowohl Betreiben einer Zuchtstätte, als auch Führen eines Deckrüden) und die Ausbildung zum Zuchtwart erforderlich sind, die unter ernsthaften Prüfungsbedingungen schriftlich abgeprüft werden!

 

 

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