Das gesunde Verhältnis zum Hund oder When do I become a steak?

Ein Deutscher fährt nach England und geht dort in ein Restaurant.

Der Kellner kommt und fragt, was der Gast zu essen wünsche. Der Deutsche zeigt in der Speisekarte auf das Steak.

Nachdem eine Weile vergangen ist und das bestellte Steak noch nicht serviert wurde, ruft der Deutsche den Kellner heran und fragt „When do I become a steak?“

Der Kellner sieht ihn entsetzt an und antwortet „I hope never, Sir!“

Was ist hier passiert?

Der Deutsche hat das Wort „bekommen“ ins Englische zu übersetzen versucht mit dem Verb „to become“, weil das für unsere Ohren ja auch erst einmal sehr ähnlich klingt. „Ähnlicher Klang“ ist aber nicht das gleiche wie „Gleiche Bedeutung“. Und „to become“ bedeutet eben nicht „bekommen“, sondern „werden“. Er hätte also gut daran getan, sich erst einmal angemessen mit der anderen Sprache auseinanderzusetzen, Vokabeln zu lernen usw., bevor er einfach drauflos sabbelt.

Ähnlich, wie man, wenn man eine andere Sprache erlernen will, sich mit Vokabeln, Satzbildung usw. auseinandersetzen und es erlernen muss und nicht einfach drauflos quasseln sollte, muss man sich als Hundehalter auch mit dem Vokabular, Verhaltens- und Lebensweise eines Hundes erst einmal gründlich vertraut machen, um sich mit ihm wirklich befriedigend verständigen zu können. Der Hund liefert seinen Teil dazu, denn auch er ist wirklich meisterhaft im Verstehen (nicht nur) menschlicher Sprachen, Gesten und Verhaltensweisen. Er beobachtet nicht nur „seinen“, sondern alle möglichen Menschen sehr gründlich und hört auch nicht nur, was wir verbal so von uns geben, sondern nimmt uns mit all seinen Sinnen wahr und verknüpft all diese Eindrücke. Darum kann man einen Hund nicht wirklich belügen, weil er nicht das gesprochene Wort bewertet, sondern unsere Mimik, Körperhaltung, Veränderungen des Körpergeruchs und vieles mehr mit einbezieht. Versuchen Sie doch mal, sich eine Fleischwurst hinter den Rücken zu halten und Ihrem Hund zu erzählen, sie hätten nichts. Er RIECHT die Fleischwurst!

Und wenn dann ein besonders geschäftstüchtiger selbsternannter Hundeprofi empfiehlt, Sie sollen ihrem Hund draußen im Gebüsch Würstchen verstecken, damit Ihr Hund denkt, dass Sie ganz toll sind und immer genau wüssten, wo die besten Sachen sind, dann vergleicht er den Hund mit einem dreijährigen Kind, für das Sie Ostereier verstecken und anschließend so tun, als sei das der Osterhase gewesen. Hunde sind aber weder dreijährige Kinder, noch glauben sie an Osterhasen. Hunde haben einen so hoch entwickelten Geruchssinn, dass sie nicht nur sehr genau riechen, wer dieses Würstchen versteckt hat, sondern sogar, wann er das gemacht hat. Und solche Erziehungsvorschläge sind nicht nur an Dummheit kaum noch zu überbieten – sie sind sogar gefährlich, weil Sie auf diese Weise Ihrem Hund beibringen, beim Spaziergang ständig die Umgebung nach Fressbarem abzusuchen und so ggf. auch Giftköder aufzunehmen.

Dieses Beispiel wird den meisten Hundebesitzern noch einleuchten. Aber:

Der Hund kann weit mehr als nur eine Fleischwurst zu riechen. Er kann auch Ihre Körperhaltung, Ihre Mimik, Ihren Körpergeruch und seine Veränderungen regelrecht lesen. Diese Erfahrung machen gerade die Menschen, die Angst vor Hunden haben. Denn egal, wie selbstbewusst sie sich äußerlich zu geben versuchen, der Hund RIECHT ihre Angst und erkennt sie an Mimik/Mikro-Mimik/Körperhaltung und Verhalten. Im Vergleich dazu sind wir Menschen zumindest in dieser Hinsicht wahrlich sehr einfach gestrickt und unser Selbstverständnis als „Krone der Schöpfung“ ist geradezu lächerlich – ein bisschen mehr Respekt und Demut stünde uns manchmal wirklich nicht schlecht zu Gesicht.

Sind Hunde also quasi die „besseren Menschen“?

Da fallen mir spontan solche Sprüche ein, wie sie unter Hundeliebhabern vielfach kursieren wie „Ich liebe die Hunde, seit ich die Menschen kenne!“ und Ähnliches mehr.

Ich denke, dass man damit weder den Hunden, noch den Menschen gerecht wird. Hunde haben einfach ANDERE Fähigkeiten als Menschen. Manches können sie definitiv besser als wir – anderes schlechter oder gar nicht. Sie können beispielsweise nicht lesen, was ich hier über sie schreibe (und darum käme ich auch nicht auf die Idee, sie darum zu bitten, hier irgendwo ihren Pfotenabdruck zu hinterlassen) oder mit mir darüber tiefschürfende philosophische Diskussionen führen. Aber sie können durchaus spüren, dass ich sie und ihr Können respektiere und schätze, manchmal sogar bewundere.

In diesem Sinne können Mensch und Hund sich zum beiderseitigen Vorteil ergänzen und m. E. sollte man weder den Hund auf ein Podest erheben, auf das er nicht möchte und auf das er auch nicht gehört, noch sollte man ihn als dusseliges und seelenloses Faktotum betrachten, das ausschließlich der Befriedigung eigener mitunter fragwürdiger Bedürfnisse untergordnet und zwingend zu einer Karikatur seiner selbst degradiert werden muss.

So, wie der Deutsche im englischen Restaurant sich nicht ausreichend mit der anderen Sprache auseinandergesetzt und darum das falsche Vokabular gewählt hat, so setzen sich viele Hundehalter nicht ausreichend damit auseinander, dass ein Hund andere Eigenschaften und Fähigkeiten hat als ein Mensch und darum die Welt auch anders erlebt und versteht.

Und so, wie der Kellner entsetzt war, dass der Gast zu einem Steak verarbeitet werden wollte, reagiert auch ein Hund irritiert, wenn „sein“ Mensch ihm Anweisungen gibt, die er nicht verstehen kann, bzw. in seiner Hundewelt unsinnig oder sogar abstrus sind. Und genau diese Irritation ist es, was den Hund dann aus menschlicher Sicht beispielsweise verhaltensauffällig werden lässt.

 

Wenn also das „Frauchen“ friert – muss dann der Hund ein Mäntelchen anziehen?

Wenn das mittlerweile erwachsene „Frauchen“ am liebsten noch Puppen und rosa Einhörner frisieren würde – muss dann der Yorkshire Terrier/Spitz/Bobtail eine pinkfarbene Schleife ins Haar bekommen?

Wenn das „Herrchen“ aufgrund seines gesellschaftliches Status‘ seine halbstarken sexuellen Macker-Phantasien nicht ausleben kann – muss dann sein Rüde alle läufigen Hündinnen der näheren und weiteren Umgebung decken oder muss er, weil sein „Herrchen“ das ja auch nicht darf, schnellstens kastriert werden?

Wenn Leute sich als Hunde- (oder auch Katzen-) Mutti oder Papi bezeichnen – was halten eigentlich deren menschliche Kinder von ihrem „Bruder“ oder ihrer „Schwester“, bzw. davon, mit einem Hund oder einer Katze gleichgesetzt zu werden oder ist das eher als sodomistisches Outcome der Besitzer zu bewerten?

Wenn das „Frauchen“ sich sein Essen ständig abwiegt und sich, je nach dem neuesten Hype (oder sollte man es als „Religion“ bezeichnen?) mal vegan, mal steinzeitlich ernährt und nur gelegentlich mit einem Eis oder einer anderen Köstlichkeit für irgendeine besondere Leistung belohnt – muss dann der Hund auch mal vegan fressen, mal wie ein vermeintlicher Wolf gebarft werden, sein Futter genau abgewogen bekommen und erhält Leckerli für besondere Leistungen?

Wenn Jemand gern sein Haus zu Weihnachten in ein bunt blinkendes energieverschwendendes Etwas verwandeln möchte – muss dann wirklich auch der arme Hund über und über beleuchtet (und am besten noch mit Lametta behängt) werden?

Muss wirklich jeder Hund weltweit aus dem Tierschutz importiert werden während Menschen, die vor Krieg und Hungerkatastrophen flüchten, im Meer ersaufen oder unter oft weitaus erbärmlicheren Zuständen als die Hunde zusammengepfercht werden?

Müssen junge ach-wie-süße Hunde unbedingt ebenso ach-wie-süße Quietschies haben, damit sie lernen, dass das Quietschen nicht bedeutet, dass man jemandem Schmerz zugefügt hat, sondern lustig ist und so ihre Beißhemmung gegenüber Menschen verlieren?

Müssen Hunde/Tiere zu Krüppeln gezüchtet werden, weil Menschen ihre Verkrüppelungen süß oder hübsch (Merle) finden?

 

Ich bin nicht gegen Tierschutz. Und ich habe auch nichts dagegen, einem Hund einmal etwas Gutes zu tun.

Aber ich glaube, dass leider sehr vielen Menschen die rechte Bodenhaftung/richtige Relation abhanden gekommen ist und sie vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen. Auch, wenn man den Hund als Nutztier betrachtet, so hat all das nichts mehr mit Nutzen zu tun, sondern wohl eher mit Missbrauch.

Dem Hund selbst und letzten Endes sicherlich auch dem Menschen, täte es weitaus besser, wenn man ihn einfach als Hund mit den Bedürfnissen eines Hundes verstehen und behandeln würde!

 

Ein Hund, der friert, braucht kein Mäntelchen, sondern Bewegung (Muskelaktivität erzeugt Wärme!)

Hunde müssen nur in den seltensten Fällen (Pyometra und Gesäugekrebs, bzw. Hodenhochstand und -krebs) kastriert werden – wer mir stolz erzählt, dass sein Hund nach der Kastration „ruhiger“ geworden sei, muss sich von mir die Frage gefallen lassen, warum er sich nicht gleich einen ruhigeren Hund angeschafft und diesem dann ein Leben ohne Verstümmelung ermöglicht hat.

Wenn jemand gern putzige Frisuren mit rosa Schleifchen machen möchte, dann sollte er doch einfach selbst damit herumlaufen und dem Hund sein zweckdienliches Fell lassen. Zum Winter wären dann vielleicht eine wild blinkende Mütze und über die Ohren gehängtes Lametta für die Hundi-Mutti und den Hunde-Papi zu empfehlen.

Wer unbedingt meint, sich von grammgenau abgewogenen Algen und Smoothies ernähren zu müssen, kann das ja tun – für den Hund tut es auch einfaches Hundefutter mit ein paar abwechslungsreichen Beilagen. Er braucht weder speziell angefertigte Hundekekse, Hunde-Adventskalender oder Hundeeis, noch tägliche Leberwurstbrote zum Frühstück.

Wer seinem Hund Quietschis zum Spielen kauft, darf sich nicht wundern, wenn der dann später die Kinder so lustig quietschen lässt.

Und wer die Lebensumstände der armen Auslandshunde ganz furchtbar findet, sollte sich zur Abwechslung vielleicht mal in einem Flüchtlingslager umsehen.

 

Sie finden diese Ausführungen provokativ?

Dann liegen Sie goldrichtig – sie sollen auch provozieren.

Sie sollen provozieren zur Reflexion des eigenen Handelns, überbordender „Hunde-Psychologie“/„Affenliebe“ und angemessenen (!!!) Umgangs mit dem Hund/Haustier anstatt endloser Missverständnisse und Hunde-Mythen.