Es ist wieder soweit!
Wenn man sich so umguckt, dann sind doch die meisten Tierbesitzer schon wieder in hellster Aufregung, weil sie nicht wissen, wie sie mit der Angst ihrer Haustiere vor der ganzen Knallerei umgehen sollen. Da werden die Hunde mit sog. „Desensibilisierungs-CDs“ zugedröhnt, ins Auto gepackt und stundenlang in der Gegend herumgefahren, manchen werden Beruhigungsmittel oder Zuckerpillen namens „Globuli“ oder sog. „Notfalltropfen“ verabreicht…
Irgendwie scheint bei all dieser rührseligen Hundekuchen-Psychologie völlig in Vergessenheit geraten zu sein, dass man früher in der Schutzhundausbildung (und möglicherweise macht man das ja auch heute noch) darauf geachtet hat, die Hunde zur Schuss-Sicherheit und Schuss-Gleichgültgkeit (das sind zwei verschiedene Sachen) auszubilden. Definitiv war nicht Alles, was man früher so mit den Hunden gemacht hat, gut. Manches war sogar ziemlich schlimm. Aber keineswegs Alles. Die Ausbildung mindestens zur Schuss-Sicherheit gehört definitiv zu den wirklich guten Sachen, weil so ein Hund zu Silvester nicht in Panik gerät, sondern das ganze Spektakel relativ gelassen übersteht.
Im Grunde ist es ganz einfach:
Man geht mit dem Hund am Besten schon nach draußen, wenn die ersten Knallereien losgehen.
Das Allerwichtigste dabei ist, dass man selbst dazu völlig ruhig und unaufgeregt sein muss, denn jede Aufregung oder Sorge des Besitzers, dass das evtl. nicht klappen könnte, überträgt sich unweigerlich auf den Hund!
Dabei nimmt man den Hund an die kurze Leine und lässt ihn „bei Fuß“ gehen. Falls der Hund nicht gewohnt ist, sich beim Fuß-Gehen automatisch hinzusetzen, sobald man selbst für einen Moment stehenbleibt (für meine Hunde gehört das dazu), bekommt er immer mal wieder das Kommando „Sitz“ und muss sich dabei eng ans Bein des Hundeführers setzen. Dann geht’s weiter. Immer, wenn ein Böller irgendwo gezündet wird, wird der Hund direkt am Bein hingesetzt (extrem aufgeregte Hunde darf man sich anfangs auch ruhig zwischen die Beine setzen!). Er darf sich dabei durchaus ans Bein drücken – der Hundeführer ist ja sein Beschützer!
Sobald der Hund unaufgefordert aufsteht, weil er eben Angst hat, wird er SOFORT wieder ins „Sitz“ GEDRÜCKT!!! Man gibt NICHT das Kommando. Denn das Kommando hat man schon gegeben und das muss (und darf) man nicht noch 20 Mal wiederholen – EIN Kommando reicht. Und wenn es sein muss, wird er auch immer wieder heruntergedrückt. Wortlos. Normalerweise. Bei einem anfangs evtl. extrem aufgeregten Hund kann man sicherlich einzelne (!!!) Ausnahmen machen und das Kommando nochmal wiederholen. Auf keinen Fall darf man dulden, dass der Hund anfängt, sich völlig kopflos wie ein Brummkreisel zu drehen (sehe ich auch oft genug bei anderen Leuten). Und auf keinen Fall darf man versuchen, beruhigend auf den Hund einzureden oder ihn in dieser Situation zu kraulen/zu streicheln. Durch diese Zuwendung würde man seine anfängliche Angst belohnen und weiter verstärken!
Für Alle, die jetzt gleich in entsetztes „Ahh!“ und „Ohhh! – Der arme unterdrückte Hund!!!“ ausbrechen:
Das Herunterdrücken ist hier eine ganz klare Dominanzgeste. Und Dominanz ist für den Hund keineswegs etwas grundsätzlich Schlimmes oder mit Unterdrückung gleichzusetzen, sondern sie ist Ausdruck von Stärke. In einer bestimmten Situation und personellen Konstellation. Und sie ist Ausdruck der Kompetenz des dominanten Individuums. Für den Hund bedeutet diese dominante Haltung in einer angstbeladenen Situation daher Schutz durch die Stärke und Kompetenz seines Hundeführers! Und genau das ist es, was der Hund braucht und sucht.
Versetzen Sie sich gedanklich einfach mal selbst in eine Situation, in der Sie Angst hätten. Wen hätten Sie lieber an Ihrer Seite? Jemanden, der sich wie ein Häufchen Elend neben Sie setzt und mit ihnen gemeinsam jammert, heult und vor Angst mit den Knien schlottert? Oder vielleicht lieber jemanden, der sich aufrecht und selbstsicher neben Sie stellt, festhält und mit fester Stimme und unmissverständlich sagt, dass ER das nun für Sie beide regelt und was zu tun ist?
Jedes Mal, wenn der Hund aber bei einem entsprechenden Reiz, also einem Böller, Heuler usw. ordentlich sitzenbleibt, ist überschwängliches Lob fällig. Verbal, Streicheln oder was auch immer – keinesfalls irgendwelche Leckerli! Erstens wird der Hund, wenn er aufgeregt ist, normalerweise ohnehin kein Leckerli fressen wollen und zweitens wäre es auch kontraproduktiv. Es könnte allenfalls passieren, dass der Hund sich dann vor lauter Aufregung sogar übergibt und dieses negative Ergebnis dann zusätzlich noch damit verbindet!
Ab und zu geht man mal ein bisschen – ein paar Meter reichen. Dabei sieht man schon ganz gut, wie aufgeregt der Hund ist oder ob er schon ruhiger wird. Wichtig dabei: Der Hund sollte immer nah am Bein bleiben!
Dann wiederholt man das Ganze. Und zwar so lange, bis der Hund nicht mehr überreagiert. Wenn ein Kracher in unmittelbarer Nähe, also im Umkreis von 2 bis 3 Metern, ankommt, darf der Hund natürlich mal kurz aufspringen und sich dann auf der anderen Seite wieder hinsetzen. Er muss sich ja ggf. in Sicherheit bringen können und dürfen. Er darf den Kracher auch mal kurz wütend anbellen.
Das kann man gut und gerne jede zweite Stunde bis zum Höhepunkt des Feuerwerks wiederholen.
So lernt der Hund, dass sein Besitzer kompetent mit dieser Situation umgeht und er sich beim Hundeführer sicher und beschützt fühlen kann. Ein Hund, der das gelernt hat, wird auch in Zukunft, falls er sich in irgendeinem anderen Zusammenhang evtl. mal erschrecken sollte, nicht WEG-laufen, sondern zu seinem Besitzer HIN-laufen. Weil er nämlich weiß, dass er dort Schutz findet!