Tja – wenn ich hier schon unsere vielen Tiergeschichtchen erzähle, dann wäre die Sammlung einfach unvollkommen ohne die Geschichte von der „Weihnachtsmaus“.
Wir haben über etwa 12 Jahre hinweg in einem alten Fachwerkhaus gewohnt. Ganz oben, unterm Dach, war unser Elternschlafzimmer. Wenn die Weihnachtszeit nahte, ich für die Kinder mal wieder in wochenlanger Nachtarbeit Adventskalender bastelte, ihre obligatorischen Lebkuchenhäuschen herstellte, Plätzchenteller, Nikolaustüten vorbereitete und die Weihnachtsgeschenke verpackte, war dies der Ort, der ab Mitte November für die Kinder praktisch tabu war.
Eines Samstags kam ich also abends mal wieder ins Schlafzimmer, um die Plätzchenteller für den 1. Advent am folgenden Tag vorzubereiten. Ganz spezielle Lieblingsleckereien für meine Söhne warteten dort schon seit Wochen auf ihre Bestimmung. Als ich die Zellophantütchen öffnen wollte, fiel ich aus allen Wolken! Da hatte doch jemand ganz offensichtlich schon genascht!
Ein bisschen ärgerlich, weil das allbekannte Tabu gebrochen wurde, rief ich meinen Mann herzu, weil ich wissen wollte, ob er einen der beiden Jungs gesehen hätte.
Gemeinsam sahen wir uns das Malheur an. Beim genauen Hinsehen dann bemerkte ich, dass das eindeutig kein Kindergebiss sein konnte, das die Spuren an den Plätzchen hinterlassen hatte. Außerdem hätten die Kinder dann doch wohl eher das ganze Plätzchen gegessen und nicht nur ein Mal abgebissen. Seltsam. Es sah nach Mausezähnchen aus.
Sofort suchten wir die dunklen Winkel unseres Schlafzimmers ab. Unterm Bett und hinter den Kommoden wurden wir fündig und fanden zumindest kleine, trockene Mausekürtelchen. Von der Maus selbst natürlich keine Spur.
Am darauffolgenden Montag kauft ich sofort eine Lebendfalle, die wir in den folgenden Wochen regelmäßig kontrollierten und mit den (für Mäuse) leckersten Sachen bestückten. Es war vergebens. Zwar fanden wir immer wieder Hinterlassenschaften, aber die Maus selbst blieb unentdeckt.
So ging das also bis in den März hinein und von einem Tag auf den anderen war der Spuk vorbei.
Es wurde Frühling und die Maus war vergessen. Es wurde Sommer, es wurde Herbst und es wurde auch wieder Winter.
Ende November fand ich wieder angeknabberte Plätzchen. Hmm.
Wir versuchten es erneut mit der Mausefalle. Doch auch diesen Winter über blieben unsere Fangversuche vergebens. Inzwischen hatte ich mich dazu durchgerungen, dem kleinen Tierchen einfach ein eigenes Tellerchen und etwas Wasser daneben zu stellen. Das wurde auch gern angenommen. Die anderen Plätzchen blieben blieben nun unversehrt.
Natürlich waren die Kinder nun auch informiert und suchten ebenfalls überall nach dem Mäuschen. Aber niemand von uns hat sie jemals zu Gesicht bekommen.
Vier Jahre lang kam unser kleiner Gast jeden Winter und schien den Winter in der 3. Etage unseres Hauses zu verbringen. Sobald die ersten Sonnenstrahlen die Märztage zu erwärmen begannen, zog er wieder aus.
Ab Mitte November des 5. Jahres warteten wir auf „unsere Weihnachtsmaus“. Die Kinder fragten immer wieder aufgeregt, ob sie schon da sei und auch wir guckten dauernd nach. Mittlerweile gehörte sie für uns zu Weihnachten dazu. Das Tellerchen mit einem Plätzchen und ein Schüsselchen Wasser standen im Schlafzimmer.
Aber sie kam nicht mehr …
Auch nach inzwischen über 30 Jahren denken wir noch an sie.